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"Darf ich mich zu Ihnen setzen?"
Der alte Mann starrt auf die Bank, wo die Frau aufrecht sitzt, sie hat eine Hand auf ihren Stock gestützt und sieht ernst aus; versunken schaut sie Richtung Horizont.
Éliette Abécassis, “Bevor wir uns vergessen

"In zwei Minuten sind wir live!", ruft der Aufnahmeleiter durch das Nachrichtenstudio. Die Kameramänner setzen die Kopfhörer auf.
Susanne Abel, “Stay away from Gretchen - Eine unmögliche Liebe”

Das Unglück meines Bruders begann in der sechsten Klasse. Sein Unglück war auch mein Unglück. Alles fing an, weil Roman mutiger war als ich. Eine Tugend kann ein Verhängnis sein. Das ahnten wir damals nicht.
Willi Achten, “Die wir liebten”

Schon wieder schlägt die Jalousie gegen das Fenster. Sage man mir, was man will, aber hier zieht es einfach.
Gilbert Adair, “Blindband”

Ratsch-ratsch-ratsch-ratsch-ratsch-ratsch-ratsch
Gilbert Adair, “Der Schlüssel im Turm”

"So kann man sich eigentlich nur in Büchern vorstellen!"
Gilber Adair, “Mord auf ffolkes Manor”

Weit draußen in den unerforschten Einöden eines total aus der Mode gekommenen Ausläufers des westlichen Spiralarms der Galaxis leuchtet unbeachtet eine kleine gelbe Sonne. Um sie kreist in einer Entfernung von ungefähr achtundneunzig Millionen Meilen ein absolut unbedeutender, kleiner blaugrüner Planet, dessen vom Affen abstammenden Bioformen so erstaunlich primitiv sind, daß sie Digitaluhren noch immer für eine unwahrscheinlich tolle Erfindung halten.
Douglas Adams, “Per Anhalter durch die Galaxis”

Bisher passierte folgendes: Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung angesehen.
Douglas Adams, “Das Restaurant am Ende der Welt”

Sein frühmorgendlicher Entsetzensschrei war der Laut, mit dem Arthur Dent üblicherweise erwachte und sich mit einem Schlag erinnerte, wo er war.
Douglas Adams, “Das Leben, das Universum und der ganze Rest”

In einem kreisförmigen Kreuzungslabyrinth in Nashville, Tennessee, trifft die Fernstraßen Nr. 65 auf die Fernstraßen Nr. 40 und 24.
Randall Adams, “Unschuldig”

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
weder Sie noch ich sprechen Englisch, aber manche Dinge kann man nur auf Englisch sagen.
Aravind Adiga, “Der Weiße Tiger”

Carl trat einen Schritt näher an den Spiegel heran. Mit dem Zeigefinger fuhr er sich über die Stelle an der Schläfe, wo ihn die Kugel gestreift hatte.
Jussi Adler-Olsen, “Erbarmen”

Sie war schon da. Die weißblonden Haare vorm Gesicht, saß sie über ihr Handy gebeugt an der Bar.
Johanna Adorján, “CIAO”

Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward.
Theodor W. Adorno, “Negative Dialektik”

Unsere Position ist 39,9 Grad nördlich des Äquators, und 9,34 Grad östlich des Meridians von Greenwich.
Milena Agus, “Die Flügel meines Vaters”

Großmutter lernte den Reduce im Herbst 1950 kennen. Zum ersten Mal in ihrem leben betrat sie das italienische Festland.
Milena Agus, “Die Frau im Mond”

Der Garten liegt noch im Schatten des Hauses, als Gerda Derking ihr Frühstück auf die Terrasse trägt. Nur ganz hinten, vor dem Hühnerstall, glitzert das taufeuchte Gras in der Vormittagssonne, funkeln die Rosen.
Henning Ahrens, “Mitgift”

Rund um das Kap der Guten Hoffnung wurde das Meer dunkel.
Ilse Aichinger, “Die größere Hoffnung”

In einer finsteren, dunstgeschwängerten Nacht tobte entlang der ganzen Ochotskischen Seeküste, an der ganzen Front von Land und Meer, der uralte, unbändige Kampf der zwei Elemente - das Festland trotzte dem Druck des Meeres, das Meer berannte unermüdlich das Land.
Tschingis Aitmatow, ”Der Junge und das Meer”

Nach der kurzen und wie vom Atem eines Kindes hingehauchten Erwärmung des Tages auf den zur Sonne geneigten Gebirgshängen schlug unfaßbar rasch das Wetter um.
Tschingis Aitmatow, ”Der Richtplatz”

Wieder einmal stehe ich vor dem kleinen Bild mit dem schlichten, schmalen Rahmen. Morgen in aller Frühe muß ich in den Aul (Dorf) fahren, und ich betrachte das Bild lange und aufmerksam, als könnte es mir gute Wünsche auf den Weg mitgeben.
Tschingis Aitmatow, ”Dshamilja”

Als Journalist hatte ich oft in Tienschan zu tun.
Tschingis Aitmatow, ”Du meine Pappel im roten Kopftuch“

Frostklamm, in einen grobgestrickten Wollschal gemummt, erzählte die Lehrerin Inkamal-apai in der Geographiestunde von Ceylon, jener märchenhaften Ozeaninsel nahe bei Indien.
Tschingis Aitmatow, ”Frühe Kraniche”

Die Sonne brach durch einen Pilgerzug aus Wolken und schaute mit unerbittlichem Auge herab auf das Mississippimeer.
Omar El Akkad, “American War”

Am Montag, den 13. Mai 1876, in der dritten Nachmittagsstunde eines sommerlich warmen Frühlingstages, kam es im Alexandergarten unter den Augen zahlreicher Zeugen zu einem unerhörten, gegen alle Regeln verstoßenden Vorfall.
Boris Akunin, “Fandorin”

Meine Wohnung in Berlin ist nicht sehr türkisch eingerichtet, abgesehen von einer Wasserpfeife aus blauem Glas, die mir vor vielen Jahren ein deutscher Freund aus seinem ersten Türkeiurlaub mitgebracht hat.
Hatice Akyün, ”Ali zum Dessert”

Mein Name ist Hatice. Ich bin Türkin mit deutschem Pass, für Politiker ein Paradebeispiel einer gelungenen Integration, für deutsche Männer die verbotene, exotische Frucht und für deutsche Frauen der Grund, ihre Haare zu hassen.
Hatice Akyün, ”Einmal Hans mit scharfer Soße”

Wenn einem der Haupttreffer beschert ist, hört Ihr, Reb Scholem-Alejchem, so kommt er zu einem ganz von selbst ins Haus, wie es in den Psalmen heißt. „Vorzusingen auf der Githith“: - wenn man Glück hat, so kommt es von allen Seiten gelaufen; und es gehört gar kein Verstand und keine Tüchtigkeit dazu.
Scholem Alejchem, ”Tewje, der Milchmann“

Eine Stunde und fünfundvierzig Minuten bevor Nazneens Leben begann - es begann, wie es für einige Zeit auch weitergehen sollte, das heißt ungewiss -, spürte ihre Mutter Rupban wie eine eiserne Faust ihren Bauch zusammenpresste.
Monica Ali, ”Brick Lane”

Viele Jahre lang habe ich nun nicht mehr an unser ehemaliges Zuhause gedacht. Seit dem Feuer ist viel Zeit vergangen.
Tariq Ali, ”Das Buch Saladin”

«Barrabas kam auf dem Seeweg in die Familie», trug die kleine Clara in ihrer zarten Schönschrift ein. Sie hatte schon damals die Gewohnheit, alles Wichtige aufzuschreiben, und später, als sie stumm wurde, notierte sie auch die Belanglosigkeiten, nicht ahnend, dass fünfzig Jahre später diese Hefte mir dazu dienen würden, das Gedächtnis der Vergangenheit wiederzufinden und mein eigenes Entsetzen zu überleben.
Isabel Allende, “Das Geisterhaus”

Meistens bin ich unbekümmert. Das ist auch besser so. Ich radle am Tiergarten vorbei und pfeife ein Ständchen auf Berlin, das sich an manchen Tagen wirklich gut macht.
Adriana Altaras, “Titos Brille”

Seit zwei Stunden saß ich vor der Bar “Al Ciego” und schaute auf den leeren Platz, aber es gab noch immer nichts zu sehen. Die übermäßige Kraft der Mittagssonne hatte die Bewohner der kleinen Stadt in die Häuser getrieben.
Matthias Altenburg, “Die Toten von Laroque”

Es ist immer das gleiche. Ich wache auf. es ist dreiuhrfünfunddreißig. Der Mond ist leer. Die alte Sänger von unten steht auf ihrem Balkon und schreit. Sie ist verrückt, man muß sie abholen.
Matthias Altenburg, “Landschaft mit Wölfen”

Zwei Männer hievten einen Ziegenbock mit zusammengebundenen Hufen aus dem Kofferraum einer blauen Limousine. Als sie ihn unten über den gefliesten Hof schleppten, klappte sein bärtiges Maul auf, und er begann zu hecheln und panisch mit den Augen zu rollen.
Lisa Alther, ”Fünf Minuten im Himmel”

Der Dichter Antônio Bruno starb, niedergestreckt vom Infarkt, dem zweiten binnen kurzem, am 25. September 1940.
Jorge Amado, “Das Nachthemd und die Akademie”

Meine Absicht, meine einzige Absicht - glaubt es mir! -  geht dahin, die Wahrheit wiederherzustellen.
Jorge Amado, “Die Abenteuer des Kapitäns Vasco Moscoso”

Bis heute herrscht Verwirrung über die Todesart des Quincas Berro Dágua, des Jochen Wasserbrüller.
Jorge Amado, “Die drei Tode des Jochen Wasserbrüller”

Vadinho, Dona Flors erster Mann, starb an einem Karnevalssonntag gegen Morgen, als er auf dem Platz Zum Zweiten Juli unweit seines Hauses im Kostüm einer Bahianerin ausgelassen Samba tanzte.
Jorge Amado, “Dona Flor und ihre zwei Ehemänner”

In jenem Jahre 1925, als die idyllische Liebe der Mulattin Gabriela und des Arabers Nacib aufblühte, dauerte die Regenzeit bereits länger als üblich und notwendig war; ...
Jorge Amado, “Gabriela, wie Zimt und Nelken”

Ein Franzose namens Chamfort, der es hätte besser wissen müssen, hat einmal gesagt, dass Zufall ein Spitzname für Vorsehung sei.
Erich Ambler, “Die Maske des Dimitrios”

Dies ist eine wahre Geschichte, aber ich kann nicht fassen, daß sie wirklich geschieht.
Martin Amis, “1999”

Der Blitz war mir nicht fremd. Der Donnerschlag war mir nicht fremd. Beneidenswert erfahren in solchen Dingen, war mir der Wolkenbruch nicht fremd - der Wolkenbruch und dann die Sonne und der Regenbogen.
Martin Amis, “Interessengebiet”

Niccolò Ammaniti, “Wie es Gott gefällt”
"Los! Wach auf, verdammt!" Christiano Zena riss den Mund weit auf und klammerte sich an seiner Matratze fest, als hätte sich unter ihm ein Abgrund aufgetan.

Ich war kurz davor, Salvatore zu überholen, als ich meine Schwester heulen hörte. Ich drehte mich um und sah sie verschwinden, verschluckt vom Korn, das den Hügel bedeckte.
Niccolò Ammaniti, “Ich habe keine Angst”

Die Griechisch-Stunde sollte gerade beginnen, als die Türe des Klassenzimmers noch einmal aufgemacht wurde.
Alfred Andersch, “Der Vater eines Mörders”

Der Mississippi wäre das richtige, dachte der Junge, auf dem Mississippi konnte man einfach ein Kanu klauen und wegfahren, wenn es stimmte, was im Huckleberry Finn stand.
Alfred Andersch, “Sansibar oder der letzte Grund”

Der westliche Kriegsschauplatz / Die Kampfhandlungen vom 25. September bis 9. Oktober 1944 / Im Großraum Aachen fanden nur örtliche, an Schwere jedoch zunehmende Kampfhandlungen statt; in der Eifel und an der Moselfront herrschte Ruhe.
Alfred Andersch, “Winterspelt”

Auf dem Bahnsteig der Statione Centrale war es trocken, trocken unter dem dunklen Gebirge aus Glas, Rauch und Beton, aber der Rapido aus Venedig troff vor Nässe ...
Alfred Andersch, “Die Rote”

Gegen vier Uhr am Morgen regnete es.
Alfred Andersch, “Efraim”

Wenn ich mir die Gestalt Bernhard Rebers ins Gedächtnis rufen will, so bedarf ich dazu des Mediums der Schauplätze, die sich mit seinem Dasein verbanden.
Alfred Andersch, “Erinnerte Gestalten”

Es war einmal ein Prinz, der wollte eine Prinzessin heiraten; aber es sollte eine richtige Prinzessin sein.
Hans Christian Andersen, “Die Prinzessin auf der Erbse”

Es war der erste Mai 1877, früh in der Morgendämmerung. Von der See kam der Nebel dahergefegt mit einer grauen Schleppe, die schwer auf dem Wasser lag.
Martin Andersen Nexö, “Pelle der Eroberer” (Band 1: Kindheit)

Auf dem feuchten Grunde des Schachtes wimmelte es von spielenden Kindern.
Martin Andersen Nexö, “Pelle der Eroberer” (Band 2: Der große Kampf)

30. August, Nacht, meine Uhr steht. Felizitas erzählte mir erst heute, was ihr vor einer Woche begegnete: ein Auto habe vor ihr gehalten, ein Mann sei ausgestiegen, ...
Stefan Andres, “Der Taubenturm”

Es traf den Meister Domenicos Theodokopulos wie ein kalter Schlag, als der Kaplan, der eigens von Sevilla nach Toledo herübergeritten war, ihm überbrachte, der Maler el Greco habe am ersten Sonntag im Advent vor Seiner Eminenz zu erscheinen.
Stefan Andres, “El Greco malt den Großinquisitor”

Wer in die Wälder geht, wenn auch nur für einige Tage, um von den großen Wegen und den lauten Märkten der Welt abzukommen, der will, wie das Wild, wenn es sich tiefer ins Dickicht zurückzieht, auf eine Weile das von Unrast und Lärm bedrohte Leben auf den Tannenpolstern ausruhen lassen und erneuern.
Stefan Andres, “Das Wirtshaus zur weiten Welt”

Eigentlich wollte ich nicht hingehen. Ich konnte mir nicht ausmalen, wen ich antreffen würde: Bankiers, Politiker, Wirtschaftsleute, Militärs und auch ein paar Journalisten, die dafür zu sorgen hatten, daß das Fest in die Öffentlichkeit überlief.
Stefan Andres, “Der Mörderbock”

Den größeren Teil ihres Laufes fließt die Drina zwischen steilen Bergen durch enge Schluchten oder durch tiefe Täler mit schroff abfallenden Ufern.
Ivo Andric, “Die Brücke über die Drina”

Er war ein Baum im Regen, ein nackter Mann mit erhobenen Armen. Sein Blick hing an etwas, das einer verschrumpelten Wurzel glich.
Friedrich Ani, “Die Erfindung des Abschieds”

Sie brachten Finsternis und Furcht in ihr Haus, sie brachten den Geruch von Aftershave, Shampoo und Bier. Sie brachten ein Springmesser mit, eine Gartenschere und eine grüne Handsäge.
Friedrich Ani, “German Angst”

Ich habe den Mann nicht hereingebeten. Er hat sich nicht abwimmeln lassen. Er war schmutzig. Seine Jacke stank nach Rauch. Ich weiß nicht, was er von mir wollte.
Friedrich Ani, “Verzeihen”

Der Mann sah mich an und gleichzeitig an mir vorbei oder durch mich hindurch.
Friedrich Ani, “Süden und der Straßenbahntrinker”

Tauwetter setzte ein, und in der Stille unserer Umarmung hörten wir den fliehenden Atem des Schnees.
Friedrich Ani, “Süden und der Luftgitarrist”

Diese Geschichte ist wirklich passiert, und ich habe sie bis heute niemandem erzählt, nicht einmal meinem besten Freund und Kollegen Martin Heuer, und auch nicht meiner Kollegin Sonja Feyerabend, mit der ich eine große Nähe teilte.
Friedrich Ani, “Süden und der glückliche Winkel”

Die Frau, die mir die Tür öffnete, kam mir winzig vor. Ich schaute auf sie hinunter wie auf ein Kind. Sie legte den Kopf in den Nacken.
Friedrich Ani, “Süden und das Geheimnis des gefallenen Engels”

Dies ist die Geschichte von Johann Farak, deinem Vater, von dem du nichts wusstest.
Friedrich Ani, “Süden und die Frau mit dem harten Kleid”

Es war die blutigste Nacht, die das Dorf je erlebt hatte. Und niemand - nicht der Verwalter, nicht der Bürgermeister, nicht der Priester - hatte eine Erklärung, wie es zu dem Massaker kommen konnte.
Friedrich Ani, “Süden und das Geheimnis der Königin”

"Dies, Herr Süden", sagte der Staatsanwalt, "ist ein Kontaktgespräch. Wir sind allein in diesem Raum, ein übrigens, bei allem Respekt, nicht sehr kommoder Raum; ich wußte nicht, dass Sie Ihre Vernehmungen unter derart beengten Verhältnissen durchführen müssen. ..."
Friedrich Ani, “Süden und das verkehrte Kind”

"Für wie lang?", fragte die junge Frau an der Rezeption. Ich sagte: "Eine Nacht." "Erwarten Sie noch jemanden?" "Nein."
Friedrich Ani, “Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel”

Der Junge rannte auf den Wald zu, als wäre der Rottweiler des Bauern Erpmaier hinter ihm her, nach dem er, so schnell er auch lief, wie in vorauseilender Panik Ausschau hielt: Seine Blicke flitzten über den Hof, zu jedem Tor, zu jeder Tür, von einem Gebäude des Anwesens zum nächsten, vom Hühner- und Schweinestall zum Kuhstall, vom Geräteschuppen zum Silo, vom Wohnhaus zum Anbau mit den Ferienwohnungen.
Friedrich Ani, “Süden und das Lächeln des Windes”

Manchmal sprachen wir über nichts anderes als über den Tod. "Hast du Angst?", fragte Martin Heuer. "Ja", sagte ich. "Wenn ich glücklich bin"
Friedrich Ani, “Süden und das grüne Haar des Todes”

Er war ein Mann, in dessen Vorstellung der Selbstmord keine Tür war, die sich öffnete, sondern eine, die sich schloss.
Friedrich Ani, “Gottes Tochter”

"Ich bin Tabor Süden und kein Japaner", sagte er unvermittelt, nachdem er zehn Minuten lang von der Tür aus stumm zugehört hatte.
Friedrich Ani, “Süden”

Der Tag, an dem sein Vater ihn im Zeno-Haus abgab, war heute. Der Tag war immer heute. Der 18. November war jeden Tag, seit ungefähr einem Monat.
Friedrich Ani, “Süden und die Schlüsselkinder”

Bestimmt hatte sie einmal an Gott geglaubt. Aber warum? Vor dem Tod ihrer Mutter. Wirklich?
Friedrich Ani, “Idylle der Hyänen”

An manchen Abenden betrachtete er sein Leben als eine Abfolge von Schnappschüssen, und auf jedem einzelnen fehlte etwas: er selbst.
Friedrich Ani, “Hinter blinden Fenstern”

Am 8. April vor sechs Jahren winkt die Schülerin Scarlett Peters auf der Berger-Kreuz-Straße im Münchener Stadtteil Ramersdorf einem Busfahrer.
Friedrich Ani, “Totsein verjährt nicht”

Schwarz. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Zehn Sekunden. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Zwanzig Sekunden. Wie lange schon? Schwarz.
Friedrich Ani, “Wer lebt, stirbt”

Das Klirren der Fensterscheibe mitten in der Nacht. Das Klirren der Fensterscheibe mitten in der Nacht hörte nicht auf.
Friedrich Ani, “Wer tötet, handelt”

Allmählich machte ihn ihre Laune wütend. Auf keine seiner Fragen hatte er eine klare Antwort bekommen, nicht einmal auf die, wieso sie den ganzen Abend nur an ihrem Glas nippte und so tat, als würden ihr auch die Zigaretten nicht schmecken.
Friedrich Ani, “Die Tat”

Es gab einmal eine Zeit, da habe ich geglaubt, wenn ich die Hand ausstrecke, ist das Glück gleich da und sagt: Komm mit!
Friedrich Ani, “Killing Giesing”

"Früher", sagte die Frau im weißen Kittel, ohne ihre Stimme vor den zwei Kundinnen zu senken, die sich an ihr vorbeizwängten, "hätten Sie mich in so einem Laden nicht angetroffen."
Friedrich Ani, “Der verschwundene Gast”

Ich werd fliegen, und was ich mir zutrau, das tu ich. Schreibst du eigentlich mit, oder red ich hier ins Leere? Sag was, Oskar!
Friedrich Ani, “Das geliebte süße Leben”

Angst? Ich? Ich hab keine Angst. Ich hab überhaupt keine Angst mehr.
Friedrich Ani, “Abknallen”

Sie wagte nicht, sich zu bewegen. Seit dreißig Minuten kauerte sie in der Kälte hinter der Halde, und der Schweiß lief ihr unter den zwei Sweatshirts, die sie unter den zwei Pullovern und dem Anorak trug, den Rücken runter.
Friedrich Ani, “Brennender Schnee”

Regen prasselte auf die Gartentische vor der offenen Tür. Kirchenglocken läuteten. Sonntagvormittag. Tabor Süden saß in einer Kneipe und fragte sich, wieso.
Friedrich Ani, “Süden und das heimliche Leben”

Am zehnten Todestag ihres Sohnes wurde Edith Liebergesell jäh bewusst, dass sie seit undenklichen Zeiten niemanden mehr in ihre Wohnung eingeladen hatte.
Friedrich Ani, “M”

Andauernd rief eine Frau meinen Namen, aber ich war nicht gemeint. So gemein.
Friedrich Ani, “Der namenlose Tag”

"Wie war dein Wochenende?",fragte sie, und obwohl sie keine Antwort erwartete, schaute sie mich an wie jemand, der am Wortetropf hing.
Friedrich Ani, “Der einsame Engel”

Gelobt sei Jesus Christus, dachte ich, bekreuzigte mich und öffnete die Tür zur Abstellkammer, in der mein Gast geduldig seine Angst ausbrütete.
Friedrich Ani, “Nackter Mann, der brennt”

Aus der Spiegelung der Eingangstür schaute ihr eine abblätternde Frau entgegen. Je länger sie hinsah, desto stärker wurde ihre Verwunderung darüber, dass sie noch da war, nach so vielen Tagen absoluter Abwesenheit in ihrer Welt; genau vierunddreißig Tage waren es heute.
Friedrich Ani, “Ermordung des Glücks”

Ein Mann in einer Bahnhofshalle, irgendein Mann in irgendeiner Bahnhofshalle. Ein Mann in einem weißen Baumwollhemd und einer schwarzen Jeans, eine grüne Reisetasche in der rechten und eine schwarze Lederjacke in der linken Hand.
Friedrich Ani, “Der Narr und seine Maschine”

Er kam herein, und ich wusste nicht wohin mit meinem Staunen. Schleunigst verließ ich das Büro und verpasste die Vernehmung des Alleinunterhalters wie den Anruf des Präsidenten.
Friedrich Ani, “All die unbewohnten Zimmer”

In meinem Spiegel taucht jeden Morgen eine Frau auf, der ich nicht traue. Wo waren Sie, frage ich sie, zwischen Ihrem achtzehnten und achtundfünfzigsten Lebensjahr? Haben Sie Zeugen für Ihre Anwesenheit in dieser Zeit?
Friedrich Ani, “Letzte Ehre”

Er schaute mir ins Gesicht. Das tat er jedes Mal, wenn er seinen Redefluss unterbrach, einen Schluck Kaffee trank und die Augen zusammenkniff.
Friedrich Ani, “Bullauge”

Eines frühen Morgens im Juli wankte ich ins Bad, sah in den Spiegel und bemerkte, dass ich alt geworden war. Das erschien mir kurios. Noch gestern hatte ich mit meinem Schulfreund Martin die erste Zigarette geraucht, eine Camel, wir beide dieselbe.
Friedrich Ani, “Lichtjahre im Dnkeln”

"Ich bin ja kein Rassist", sagte Franz Muller, machte eine Pause und schaute auf das Loch in seinem Zaun.
Max Annas, “Die Farm”

"Die Weißen sind seltsam ..." "Wieso?" "Na ja ..."
Max Annas, “Die Mauer”

"Messi oder Ronaldo?" "Ist mir so egal. Wird Zeit, dass dass mal ein Afrikaner wird." "Meinetwegen auch ... Kann sein, dass du recht hast." "Didier Drogba Weltfußballer des Jahres. Das hört sich gut an."
Max Annas, “Illegal”

Er war kräftig gebaut, und auf den Straßen von Harlem, so mitten im Sommer, sah er verdammt bleich aus.
Anonymus (Joe Klein), “Mit aller Macht”

Ein Gußregen war herniedergerauscht. Wallend und gischend schoss das sonst so ruhige Wässerlein zwischen den zwei Hügeln dahin; auf der Höhe des einen stand ein großes, stolzes Gehöft, am Fuße des andern, längs den Ufern des Baches, lag eine Reihe von kleinen Hütten.
Ludwig Anzengruber, “Der Sternsteinhof”

An einem Sommerabend steht ein kleiner Junge am Tor eines Bauernhofes im Eichsfeld. Er trägt einen bunten Pullover, den hat die Oma aus Wollresten gestrickt, und eine beutelige Trainingshose, die ist noch vom Onkel Franz übriggeblieben.
Friedmar Apel, “Das Buch Fritze”

Die Bäume auf dem Gipfel des Ettersberges troffen vor Nässe und ragten reglos in das Schweigen hinein, das den Berg umhüllte, ...
Bruno Apitz, “Nackt unter Wölfen”

Als Aurélien Bérénice zum erstenmal sah, fand er sie schlichtweg häßlich. Sie gefiel ihm einfach nicht.
Louis Aragon, “Aurélien”

Niemand lachte, als Guy Herrn Romanet Papa nannte.
Louis Aragon, “Die Glocken von Basel”

Untröstlich rief Kalypso wie eine Muschel am Ufer des Meeres immer wieder den Namen Odysseus dem Gischt zu, der die Schiffe davonträgt.
Louis Aragon, “Telemach”

Fatal. Ein kurzer Blick auf das Bild genügte, um der dunklen Ahnung der vergangenen Monate Gestalt zu geben. Der Embryo lag gekrümmt wie ein Lurch, ein Auge schaute ihn direkt an. War das da ein Bein oder ein Fangarm über dem Drachenschwanz?
Sascha Arango, “Die Wahrheit und andere Lügen”

Im Nova, Rue Saint-Dominique, wo wir uns zum erstenmal begegnet sind, konnte niemand etwas für das Fiasko.
Nelly Arcan, “Hörig”

Ich bin es nicht gewohnt, mich an andere zu wenden wenn ich rede, deshalb kann mich nichts aufhalten, ...
Nelly Arcan, “Hure”

Als Eddie Dickens elf Jahre alt war, bekamen seine beiden Eltern so eine abscheuliche Krankheit, von der sie gelb und an den Rändern etwas wellig wurden und nach alten Wärmflaschen rochen.
Philip Ardagh, “Schlimmes Ende”

Auf der Kuppe der schmalen Straße durch die Felder und Weinberge flimmerte die Luft über dem Asphalt. Als Liss mit dem alten offenen Traktor langsam hügelan fuhr, sah diese aus wie Wasser, das flüssiger war als normales Wasser; leichter und beweglicher. Sommerwasser. Man konnte es nur mit den Augen trinken.
Ewald Arenz, “Alte Sorten”

Wenn es tatsächlich einer von uns vieren nach Rio de Janeiro schaffen sollte, dann war das Johann. Das war irgendwie von Anfang an klar. Johann hatte alles, was man dazu brauchte und außerdem war er der Musiker von uns. Wenn es einer schaffte, dann Johann.
Ewald Arenz, “Der große Sommer”

Wie schnell der Garten verwildert war! In den ersten Jahren war sie immer noch herausgefahren. Im Spätwinter die Apfelbäume beschnitten. Im März das Frühbeet bepflanzt. Im Juni Johannisbeeren geerntet … alles Dinge, die sie vorher nie getan hatte. Alles Dinge, die Paul ihr gezeigt hatte.
Ewald Arenz, “Die Liebe an miesen Tagen”

Sie hätte auf den Bus warten können, aber der Nachmittag war sonnig, und außerdem war es gut, Zeit fürs Ankommen zu haben. Besser nach Hause gehen, auch wenn sie daheim den Kopf schütteln würden über den doppelten Weg.
Ewald Arenz, “Zwei Leben”

"Darf ich Ihnen mal ein Kompliment machen..."
Jakob Arjouni, “Der heilige Eddy”

Es summte unerträglich
Jakob Arjouni, “Happy Birthday, Türke”

Slibulsky und ich klemmten im leergeräumten Geschirrschrank eines kleinen brasilianischen Restaurants am Rand des Frankfurter Bahnhofsviertels und warteten auf Schutzgeldeintreiber.
Jakob Arjouni, “Kismet”

Der Kaffee war dünn, und das feuchtweiche Brötchen mußte seit Tagen im Kühlschrank gelegen haben.
Jakob Arjouni, “Mehr Bier”

Ich saß am Schreibtisch, kritzelte meine Gladbacher Mannschaftsaufstellung für ein Spiel im Jenseits in den Kalender und langweilte mich mit Herrn Kunze.
Jakob Arjouni, “Ein Mann, ein Mord”

Die Tausendmarkscheine flatterten wie Schwalben am Himmel und drehten im Schwarm ein paar Kreise gegen die untergehende Abendsonne.
Jakob Arjouni, “Magic Hoffman”

Elias Tarsis blickt nicht auf, so treffen seine Augen auch nicht auf die des "unerbittlichen Roboters", der ihm gegenübersitzt.
Fernando Arrabal, ”Hohe Türme trifft der Blitz”

Ja ... die Hölle! - Ihr alle, die Ihr Eure Freuden in Genüssen fandet, wie sie das Volk nicht kennt:  Kommt man nicht, naturnotwendig, früher oder später, in diesem Leben oder im anderen, dahin?
Charles Asselineau, “Die Hölle des Bibliomanen”

Am Ende des Sommers, im Sturm der welken Blätter, die der Nordwind fortreißt, an den Steinen zermahlt und zu Staub verreibt, ein Laubgewirr mit den Bewegungen eines Skorpions, der sich im Feuer verzehrt, rollt sich jedes durstgepeinigte Blatt um seinen Stiel, bis es zerbricht und stirbt; ...
Miguel Angel Asturias, “Der böse Schächer”

Leuchtende, bläuliche Feuer, scheußlicher Teufel! Noch brausten die Ohren vom Klang des Abendläutens; zwiefaches Unbehagen des Lichts im Dunkel und des Dunkeln im Licht.
Miguel Angel Asturias, “Der Herr Präsident”

Und das geschieht in einem Land der Landschaften, die im Schlaf liegen. Zauberhaftes glänzendes Licht.
Miguel Angel Asturias, “Der Spiegel der Lida Sal”

"Gaspar Ilóm läßt es geschehen, daß man der Erde Ilóms den Schlaf aus den Augen stiehlt ..."
Miguel Angel Asturias, “Die Maismänner”

Ich weiß, daß es mir gut ging, als ich am Freitag aufstand; ja, ich fühlte mich eher noch unerschütterlicher als sonst.
Margared Atwood, “Die eßbare Frau”

So bin ich hergekommen, sagt Rennie.
Margared Atwood, “Verletzungen”

Ich bin ein beweglicher Geist, ich bewege mich schnell, fast schwerelos, und bin kaum zu treffen.
Ernst Augustin, “Der amerikanische Traum”

Ich habe eine riesige Erbschaft gemacht.
Ernst Augustin, “Gutes Geld, Roman in drei Anleitungen”

Es gehört zu meinem Plan, daß ich nicht auffalle, oder doch kaum.
Ernst Augustin, “Raumlicht: Der Fall Evelyne B.”

In einer früheren, ferneren Version dieser Geschichte sagt Daniel Defoe, er habe eines der unglaublichsten und abenteuerlichsten Leben gelebt. Ich sage: Ich auch.
Ernst Augustin, “Robinsons blaues Haus”

Gott, der du der Gründer bist des Alls, das Eine gib vor allem, daß ich recht zu dir bete; alsdann laß in meinem Tun mich würdig werden, daß du mich erhörst; und endlich laß mich in dir die Freiheit finden.
Aurelius Augustinus, “Bekenntnisse und Gottesstaat”

"Sucht, mit allen Konsequenzen, das ist etwas, was nicht zu schildern ist, was gesunden Leuten nicht erklärt erden kann. Ich will es dennoch versuchen. ...”
Stefan Aust, “Der Pirat”

Vor etwa dreißig Jahren hatte Miss Maria Ward aus Huntingdon, die lediglich siebentausend Pfund besaß, das große Glück, Sir Thomas Bertram von Mansfield Park in der Grafschaft Northampton für sich zu gewinnen und dadurch in den Stand der Gattin eines Barons mit all den Annehmlichkeiten und dem gesellschaftlichen Gewicht eines schönen Hauses und eines hohen Einkommens aufzusteigen.
Jane Austen, “Mansfield Park”

Emma Woodhouse, schön, klug und reich, mit einem behaglichen Heim und einer glücklichen Veranlagung, schien einige der besten Segnungen des Lebens in sich zu vereinen, und es hatte in den fast einundzwanzig Jahren, die sie auf der Welt war, nur sehr wenig gegeben, das sie beunruhigt oder betrübt hätte.
Jane Austen, “Emma”

Es ist eine weltweit anerkannte Wahrheit, dass ein allein stehender Mann, der im Besitz eines ordentlichen Vermögens ist, nach nichts so sehr Verlangen haben muss wie nach einem Weibe.
Jane Austen, ”Stolz und Vorurteil“

Alle dachten, er sei tot. Als 1988 mein Buch über seine Filme erschien, hatte man von Hector Mann seit fast sechzig Jahren nichts mehr gehört.
Paul Auster, “Das Buch der Illusionen”

1972 geriet eine gute Freundin von mir in Schwierigkeiten mit dem Gesetz.
Paul Auster, “Das rote Notizbuch”

Ich suchte nach einem ruhigen Ort zum Sterben. Jemand empfahl mir Brooklyn, und so brach ich am nächsten Morgen von Westchester aus auf, um das Terrain zu sondieren.
Paul Auster, “Die Brooklyn Revue”

An einem Tag ist noch das Leben da.
Paul Auster, “Die Erfindung der Einsamkeit”

Ein ganzes Jahr lang war er nur kreuz und quer durch Amerika gefahren, während er darauf wartete, daß ihm das Geld ausginge.
Paul Auster, “Die Musik des Zufalls”

Dies sind die letzten Dinge, schrieb sie. Eins nach dem anderen verschwinden sie und kommen nie zurück.
Paul Auster, “Im Land der letzten Dinge”

Vor sechs Tagen hat sich im nördlichen Wisconsin ein Mann am Rande einer Straße in die Luft gesprengt
Paul Auster, “Leviathan”

Allein im Dunkel wälze ich die Welt in meinem Kopf, durchlebe den nächsten Kampf mit meiner Schlaflosigkeit, die nächste weiße Nacht in der großen amerikanischen Wildnis.
Paul Auster, “Mann im Dunkel”

Es war der Sommer, in dem zum ersten Mal Menschen den Mond betraten. Ich war damals noch sehr jung, glaubte aber an keinerlei Zukunft. Ich wollte gefährlich leben, bis an meine Grenzen vordringen und sehen, was mich dort erwartete. Wie sich herausstellte, ging ich daran fast zugrunde.
Paul Auster, “Mond über Manhattan”

Mit zwölf Jahren bin ich zum erstenmal übers Wasser gegangen.
Paul Auster, “Mr. Vertigo”

Ich war lange Zeit krank gewesen. Als ich das Krankenhaus verlassen durfte, konnte ich kaum noch gehen...
Paul Auster, “Nacht des Orakels”

Der alte Mann sitzt auf der schmalen Kante des Betts, die Hände gespreizt auf den Knien, den Kopf gesenkt, und starrt den Boden an.
Paul Auster, “Reise im Skriptorium”

Zunächst ist Blue da. Später kommt White und dann Black, und vor dem Anfang kommt Brown.
Paul Auster, “Schlagschatten”

Mit einer falschen Nummer fing es an, mitten in der Nacht läutete das Telefon dreimal, und die Stimme am anderen Ende fragte nach jemandem, der er nicht war.
Paul Auster, “Stadt aus Glas”

Mr. Bones wußte, daß Willys Tage auf dieser Welt gezählt waren.
Paul Auster, “Timbuktu”

Im Frühjahr 1967 gab ich ihm zum ersten Mal die Hand. Ich war damals im zweiten Jahr an der Columbia, ein ahnungsloser junger Student mit Lust auf Bücher, und gab mich dem Glauben (oder der Einbildung) hin, eines Tages würde ich gut genug sein, mich einen Dichter nennen zu können, und da ich Gedichte las, hatte ich seinen Namensvetter in Dantes Hölle bereits kennengelernt, einen Toten, der durch die letzten Zeilen des achtundzwanzigsten Gesangs des Inferno geisterte.
Paul Auster, “Unsichtbar”

Seit fast einem Jahr macht er Fotos von aufgegebenen Dingen. Täglich kommen mindestens zwei Aufträge, manchmal sechs oder sieben, und jedes Mal, wenn er und seine Leute ein Haus betreten, stehen sie wieder vor den Dingen, den unzähligen ausrangierten Dingen, die von den Familien beim Auszug zurückgelassen wurden.
Paul Auster, “Sunset Park”

Der Familienlegende zufolge verließ Fergusons Großvater, versehen mit hundert Rubeln, die ins Futter seines Jacketts eingenäht waren, zu Fuß seine Heimatstadt Minsk, gelangte über Warschau und Berlin nach Hamburg und buchte dort die Überfahrt auf einem Schiff namens Kaiserin von China, das bei rauen Winterstürmen den Atlantik überquerte und am ersten Tag des zwanzigsten Jahrhunderts im New Yorker Hafen einlief.
Paul Auster, “4321”

Baumgartner sitzt an seinem Schreibtisch im ersten Stock, in einem Zimmer, das er je nach Laune als Arbeitszimmer, Cogitorium oder seinen Bau bezeichnet.
Paul Auster, “Baumgartner”

Hüseyin … weißt du, wer du bist, Hüseyin, wenn due die glänzenden Konturen deines Gesichts im Glas der Balkontür erkennst? Wenn Du die Tür öffnest, auf den Balkon trittst und die warme Luft übers Gesicht streicht und die untergehende Sonne zwischen den Dächern der Wohnblocks von Zeytinburnu leuchtet wie eine gigantische Apfelsine?
Fatma Aydemir, “Dschinns”

Staubige Sonnenstreifen fielen durch das Gangfenster auf Maries Gesicht. Sie wich zurück bis an das andere Ende des Stiegenabgangs, das im Schatten lag. Im Treppenhaus roch es wie immer. Nach Kraut. Nach Katzenurin.
Susanne Ayoub, “Engelsgift”

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