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Der Kommandeur der 6. Division meldete, daß Nowograd-Wolynsk im Morgengrauen eingenommen wurde. Der Stab verließ Krapiwno, und unser Troß zog lärmend die Straße zwischen Brest und Warschau entlang, die einst Nikolai I. auf Bauernknochen erbaut hatte.
Isaak Babel, “Die Reiterarmee (Der Übergang über den Sbrutsch)”

Es war Morgen, und die neue Sonne flimmerte golden über dem Wellengekräusel der stillen See.
Richard D. Bach, “Die Möwe Jonathan”

Nur die Zeitangabe mußte ich mir lange überlegen, denn es ist mir fast unmöglich, 'heute' zu sagen, obwohl man jeden Tag 'heute' sagt, ja, sagen muß, aber wenn mir etwa Leute mitteilen, was sie heute vorhaben - um von morgen ganz zu schweigen -, bekomme ich nicht, wie man oft meint, einen abwesenden Blick, sondern einen sehr aufmerksamen, vor Verlegenheit, so hoffnungslos ist meine Beziehung zu 'heute', denn durch dieses Heute kann ich nur in höchster Angst und fliegender Eile kommen und davon schreiben, oder nur sagen, in dieser höchsten Angst, was sich zuträgt, denn vernichten müßte man es sofort, was über Heute geschrieben wird, wie man die wirklichen Briefe zerreißt, zerknüllt, nicht beendet, nicht abschickt, weil sie von heute sind und weil sie in keinem heute mehr ankommen werden.
Ingeborg Bachmann, “Malina”

Ihr Menschen! Ihr Ungeheuer!
Ihr Ungeheuer mit Namen Hans! Mit diesem Namen, den ich nie vergessen kann. Immer wenn ich durch die Lichtung kam und die Zweige sich öffneten, wenn die Ruten mir das Wasser von den Armen schlugen, die Blätter mir die Tropfen von den Haaren leckten, traf ich auf einen, der Hans hieß.
Ingeborg Bachmann, “Undine geht”

Ich werde meine Autobiographie DIE FERMATE nennen, obwohl "Fermate" nur einer der vielen Namen ist, die ich für die Furche habe.
Nicholson Baker, “Die Fermate”

"Was hast du an?" fragte er.
Nicholson Baker, “Vox”

Ich habe Vater nach oben geschafft. Nachdem ich ihn auf einen Stuhl gesetzt hatte, habe ich das Bett zerlegt.
Gerbrand Bakker, “Oben ist es still”

Igor schwimmt. Das heißt, "schwimmt" ist nicht das richtige Wort, er weiß nichts von Brust- oder Kraulschwimmen, offensichtlich ist es niemandem je gelungen, ihm das Schwimmen beizubringen.
Gerbrand Bakker, “Der Sohn des Friseurs”

Alle hatten immer gesagt, wenn John erst groß wäre, sollte er Prediger werden, genau wie sein Vater.
James Baldwin, “Gehe hin und verkünde es vom Berge”

Während ich am späten Nachmittag des 27. November des Jahres 1817 in einer Kutsche saß, die holpernd über steinige Straßen fuhr, und hoffte, noch vor einbrechender Nacht mein Ziel zu erreichen, bereitete sich in mir bereits ein Gefühl der Unsicherheit aus - vielleicht war auch ein wenig Furcht dabei.
Dorothea S. Baltenstein; “Vier Tage währt die Nacht”

Anfang April des Jahres 1813 verhieß ein Sonntagmorgen den Parisern einen jener schönen Tage, an welchen sie zum erstenmal im Jahr ihr Pflaster frei von Schmutz und den Himmel wolkenlos sehen. Kurz vor Mittag bog ein mit zwei feurigen Pferden bespanntes prächtiges Kabriolett aus der Rue de Castiglione in die Rue de Rivoli ein und machte hinter einer Reihe von Equipagen halt, die vor dem kürzlich neueröffneten Gitter mitten auf der Terrasse des Feuillants standen. Der zierliche Wagen wurde von einem kränklich und vergrämt aussehenden Mann gelenkt, dessen ergrauendes Haar nur spärlich den gelblichen Schädel bedeckte und ihn vor der Zeit gealtert erscheinen ließ.
Honoré de Balzac, “Die Frau von  dreißig Jahren”

Als der Erzbischof von Bordeaux auf dem Weg zu dem Konzil nach Konstanz war, befand sich in seinem Gefolge ein recht hübscher, junger Priester aus der Touraine, der sich in Haltung und Sprache so auffallend zierlich zeigte, daß man ihn allgemein für einen Sohn des Stadthalters und der Soldé hielt.
Honoré de Balzac, “Die tolldreisten Geschichten (Die schöne Imperia)”

In kleinen Städten findet man gar häufig Häuser, deren Anblick melancholisch stimmt, melancholisch wie das düsterste Kloster, wie die ödeste Heide oder die traurigste Ruine.
Honoré de Balzac, ”Eugénie Grandet“

Auf dem letzten Opernballe des Jahres 1824 fiel einigen Masken die Schönheit eines jungen Mannes auf, der in den Korridoren und der Vorhalle auf und ab ging, wie jemand, der auf der Suche nach einer Frau ist, die vielleicht durch unvorhergesehene Umstände zu Hause festgehalten wird.
Honoré de Balzac, “Glanz und Elend der Kurtisanen”

Du weißt nichts über mich, und doch weißt du viel, weil du ja meine Tochter bist. Den Geruch der Haut, die Wärme des Atems, die angespannten Nerven hast du von mir. Deshalb wende ich mich an dich wie an jemanden, der mein Innerstes kennt.
Marco Balzano, “Ich bleibe hier”

Alexander III. von Makedonien, der Sohn König Philipps II. und der Olympias, einer Prinzessin aus dem Hause der Fürsten von Epeiros, war zwanzig Jahre alt, als er im Jahre 336 vor Christus den Thron bestieg.
Peter Bamm, “Alexander oder die Verwandlung der Welt”

Leuchtend weiße Wolkenschiffe, scharf konturiert und zu barocken Formen geballt, ziehen vom Morgen bis zum Abend über unseren Häuptern dahin.
Peter Bamm, “Die unsichtbare Flagge”

Frau Brasen wollte auf alle Fälle noch eine Rundgang durch das Haus machen. Es konnten doch immerhin - man wußte es ja nicht - heute Sommergäste kommen, zu Mittag, mit dem Wagen.
Herman Bang, “Sommerfreuden”

Liebste. Wenn Wörter dich erreichen können in jener Welt, in der du vielleicht gerade leidest, dann hör zu.
John Banville, “Athena”

Erster Tag des neuen Lebens. Sehr seltsam. Ruhelos, fast schon den ganzen Tag.
John Banville, “Der Unberührbare”

Billy Gray war mein bester Freund, und seine Mutter war meine erste Liebe. Vielleicht ist Liebe ein zu starkes Wort, aber ich weiß kein schwächeres, das passen würde.
John Banville, “Im Lichte der Vergangenheit”

Man sah gleich, daß wir bei uns daheim viele waren. Und eine schien man entbehren zu können. Ich war die fünfte von sechs Geschwistern, und auf die Welt bin ich gekommen, wie die Mutter sagte, weil Gott es so gewollt hat, und was Er einem gibt, muß man annehmen.
Maria Barbal, “Wie ein Stein im Geröll”

"Marx verändert mein Weltbild total", erklärte mir heute morgen der kleine Pallières, der mich sonst nie anspricht.
Muriel Barbery, “Die Eleganz des Igels”

Elvio Gianelli tastete die Taschen seines Regenmantels nach Streichhölzern ab. Als er mit einer brennenden Zigarette im Mundwinkel das Haus verließ, ertönten die Kirchenglocken, die das Erwachen seiner Tochter einläuteten.
Maria Cecilia Barbetta, „Nachtleuchten“

Sieht so ein gebrochener Mann aus, frage ich mich, als ich ihm gegenübersitze und draußen der Schnee einsetzt, der seit Tagen erwartet wird und nun in feinen Flocken auf die grünbraunen Felder und in den Nachmittag fällt.
Lukas Bärfuss, “Hundert Tage”

Niemand weiß, wo Adelinas Unglück seinen Anfang nahm, aber vielleicht begann es lange vor ihrer Geburt, fünfundvierzig Jahre vorher, um genau zu sein, an der Universität in Graz.
Lukas Bärfuss, “Die Krume Brot”

Obgleich sein Vater eine glänzende Militärlaufbahn für ihn ins Auge gefaßt hatte, bestritt Hervé Joncour seinen Lebensunterhalt schließlich mit einem ungewöhnlichen Beruf, dem ironischerweise zudem ein so hebenswerter Zug anhaftete, daß er eine unbestimmte weibliche Färbung verriet.
Alessandro Baricco, “Seide”

Diese Erklärung gebe ich ab in einem Akt bewußter Mißachtung der militärischen Autorität, da ich glaube, daß der Krieg von denjenigen, die ihn beenden könnten, absichtlich verlängert wird.
Pat Barker, “Niemandsland”

Trotz wohlbegründeter Zweifel, ob es ratsam sei, jene Rasse zu erhalten, die Gottes Einverständnis und der Menschen Mißbilligung erfährt, gebar im Frühjahr 1880, im Alter von fünfundvierzig Jahren, Hedwig Volkbein, eine Wienerin von großer Kraft und soldatischer Schönheit - hingestreckt unter Pfosten eines Himmelbetts von üppig theatralischem Karmin, hinter Behängen, unter Federdecken, deren Atlashülle in reichem indes erblindetem Goldfaden das Volkbeinsche Wappen schmückte -, ihr einziges Kind: einen Sohn; sieben Tage nach der vom Arzt vorausgesagten Stunde.
Djuna Barnes, “Nachtgewächs”

Die Behemoths haben sie mit den Nashörnern, den Flußpferden und den Elefanten zusammen in den Laderaum gesteckt.
Julian Barnes, “Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln”

Ich erinnere mich in ungeordneter Reihenfolge an: - die schimmernde Innenseite eines Handgelenks; - aufsteigenden Dampf aus einem Spülbecken, in das lachend eine heiße Bratpfanne geworfen wird; - Spermaflatschen, die um ein Abflussloch in einem hohen Haus kreisen und dann ganz hinuntergespült werden; - ...
Julian Barnes, “Vom Ende einer Geschichte”

Am Sterbebett hielt er ihn an der Hand. Ihn, der vor lauter Schläuchen und Verbänden und Kanülen nicht mehr reden konnte. Also waren die Tränen ihre Sprache.
Christian Baron, “Ein Mann seiner Klasse”

Am Abend war die Hoffnung da. Beim Anblick der zerstörten Villa des Apothekers Jansohn am Museumsplatz überfiel sie ihn.
Christian Baron, “Schön ist die Nacht”

Alle Kinder, außer einem, werden erwachsen.
James Matthew Barrie, ”Peter Pan“

Irgendwann in den Sechzigern hatte der alte Mr Tomeltry seiner viktorianischen Burg einen nicht ganz passenden Anbau hinzugefügt. Es handelte sich um eine Einliegerwohnung von bescheidener Größe, aber doch mit einigen hübschen Details, wie sie einem etwaigen Verwandten gebührten.
Sebastian Barry, “Jenseits aller Zeit”

Noch bevor das Pferd im schwachen Schein des Lichtmastes sichtbar wurde, vernahm man das Geräusch der Hufe auf dem Lehmboden: nur wenige Fenster sind geöffnet, durch die Läden dringen Lichtstreifen und verlängern sich auf dem Kopfsteinpflaster der steil ansteigenden Straße. Da taucht auf einmal im Umkreis der gelblichen Straßenlaterne der riesenhafte Schimmel auf, vergrößert durch die Gestalt des Reiters im schwarzen Umhang, der über die Weichen des Tieres herabfällt: er hat den breitkrempigen Hut über sein Gesicht gezogen.
Maria Alice Barroso, “Sag mir seinen Namen und ich töte ihn”

"... Der Hang, der zu dem Friedhof unserer Stadt hinaufführt, ist fast eine schroff ansteigende Rampe; dennoch können wir in Parada de Deus von jedem Punkt aus die weißgekalkten Kreuze erkennen, und im heißen Sommer, der sich von Januar bis März über die Stadt senkt, verleihen die aufflackernden Irrlichter dem Totenacker eine seltsame Lebendigkeit.
Maria Alice Barroso, “Wer tötete Pacífico?”

Der 9. November 196.. War ein Sonnabend. Träge stich naßkalter Wind durch die Gassen von Heydrich - Heydrich im Kyffhäusergebirge - und schüttelte die letzten Blätter von den Bäumen.
Otto Basil, “Wenn das der Führer wüßte”

Es war ein großes und massives Grabmal, wirklich imposant; eine Art von Tempel, halb antik und halb orientalisch, wie man sie in den noch vor ein paar Jahren auf unseren Opernbühnen üblichen Inszenierungen von Aida und Nabucco sah.
Giorgio Bassani, “Die Gärten der Finzi-Contini”

Wenn nach des Himmels mächtigen Gesetzen
Der Dichter kommt in diese müde Welt,
Schreit seine Mutter auf, und voll Entsetzen
Flucht sie dem Gott, den Mitleid selbst befällt.
Charles Baudelaire, “Blumen des Bösen”

Als der Portier aus der Telefonzelle 7 herauskam, war er ein wenig weiß um die Nase herum.
Vicki Baum, “Menschen im Hotel - Ein Kolportageroman mit Hintergründen”

Eine Stimme fällt in die Stille des Morgengrauens ein: Zuerst Aufstellen der Wegweiser.
Marcel Bayer “Flughunde”

Ludwig Kaltenburg wartete bis zu seinem Tod im Februar 1989 auf die Rückkehr der Dohlen.
Marcel Bayer “Kaltenburg”

Manchmal stehe ich eine Weile am Spion und sehe in den Flur, auch wenn ich weiß, ich werde keinen Menschen zu Gesicht bekommen.
Marcel Bayer “Spione”

Wie lange war das schon her? Zwei Monate? Ein Vierteljahr?
Thommie Bayer, “Andrea und Marie”

Hier ist alles, was er braucht. Hier weiß Benno, wer er ist.
Thommie Bayer, “Aprilwetter”

Ich war nach dem Unfall ein anderer Mensch.
Thommie Bayer, “Das Aquarium”

Kennedy starb vor Winnetou.
Thommie Bayer, “Das Herz ist eine miese Gegend”

Es ist Sommer. Der letzte meiner Kindheit.
Thommie Bayer, “Der Himmel fängt über dem Boden an”

Befreit? Aber wovon denn? Von der Zeit etwa? Blödsinn. Zeit ist abstrakt.
Thommie Bayer, “Der langsame Tanz”

In Wirklichkeit tut Liebe weh.
Thommie Bayer, “Die gefährliche Frau”

Der Anruf kam kurz nach elf. Ich hatte bis dahin schon sieben Zigaretten geraucht, ...
Thommie Bayer, “Eine kurze Geschichte vom Glück”

Die  Seifenblase hat viele Bedeutungen: sie sagt dem Kenner, der sie von einem Fettauge unterscheiden kann, daß er diese Suppe besser nicht probiert, weil das nämlich eine Waschbrühe ist;...
Thommie Bayer, “Eine Überdosis Liebe, von einem der auszog ...”

Zum Beispiel: Ein amerikanischer Filmregisseur in den vierziger Jahren stellt sich den Himmel als einen Platz vor, an dem Irving Berlin, Cole Porter und George Gershwin Poker spielen.
Thommie Bayer, “Einsam, Zweisam, Dreisam”

Als ich am Morgen den Laden aufschloss, fühlte ich mich wie nach einer langen Reise, aber es war nur eine kurze Nacht, die hinter mir lag.
Thommie Bayer, “Fallers große Liebe”

Wie schnell sich doch die Dinge ändern.
Thommie Bayer, “Singvogel”

Sabine trug eine Brille.
Thommie Bayer, “Spatz in der Hand”

"Sakrament, bist du schön." Die weiße Katze mit den grauen und schwarzen Flecken saß auf einem Holzstoß am Wegrand. Ich ging unwillkürlich langsamer, um sie nicht zu erschrecken, näherte mich bis auf etwa zwei Meter und blieb dann stehen.
Thommie Bayer, “Heimweh nach dem Ort, an dem ich bin”

Die kleine Maschine flog durch ein Gewitter, wurde hin und her geschlagen von Böen, sackte in Luftlöcher und schien nur mit Mühe voranzukommen durch das immer wieder von Blitzen erleuchtete Dunkelgrau.
Thommie Bayer, “Vier Arten, die Liebe zu vergessen”

Es gibt Anblicke, von denen ich nicht weiß, ob sie mir gut- oder wehtun, ob ich hinsehen darf oder den Blick abwenden soll, und irgendwann habe ich den Blick abgewandt und bin beschäftigt damit, mir selbst zu erklären, dass das eben Geschehene kein Zeichen war, keine Botschaft an mich, sondern einfach das Leben, an dem jeder zumindest mal vorbeikommt, falls er, wie ich, nicht mehr daran beteiligt ist.
Thommie Bayer, “Die kurzen und die langen Jahre”

Chiara steht am Fenster. In der Ebene fährt ein weißer Zug nach Süden, weiter hinten ragen die Berge bläulich aus dem Dunst, und der Westwind trägt ein flaches Dröhnen von der Autobahn herüber.
Thommie Bayer, “Weißer Zug nach Süden”

In der Kurve, die ich immer mit Schwung nehme, war auf einmal dieser Roller vor mir, und ich musste bremsen, um die junge Frau darauf nicht ins Gebüsch zu schleudern.
Thommie Bayer, “Seltene Affären”

Der Hund des Engländers verbellte auch vorüberziehende Wolken oder Grasbüschel, die der Wind über die Straße trieb. Und er war immer da, auch wenn sein Herrchen mit dem kleinen gelben Nissan zum Einkaufen fuhr - der Hund versorgte die spärlich verstreute Nachbarschaft mit immer wieder Fehlalarm.
Thommie Bayer, “Das innere Ausland”

Wie oft hatte ich mir als Kind gewünscht, meine Mutter würde diesen kalten, schweigenden Mann verlassen, wie oft versucht, sie dazu anzustiften, aber als sie eines Tages den Mut aufbrachte, kam er mir abhanden.
Thommie Bayer, “Das Glück meiner Mutter”

Lieber Max, mich umgibt der Duft von Oleander und Jasmin, und die Anspannung von der langen Autofahrt lässt langsam nach. Seit einer halben Stunde bin ich jetzt hier, sitze auf der Terrasse links vom Haus und schreibe dir, weil ich so überwältigt bin, dass ich es unbedingt jemandem mitteilen muss.
Thommie Bayer, “Sieben Tage Sommer”

Ich möchte fair bleiben, alle Missverständnisse aus dem Weg räumen und von vornherein erklären, wer ich bin und wer ich nicht bin.
Shida Bazyar, “Drei Kameradinnen”

Mein Vater, Reverend Sylvester Woodbridge Beach, D. D., ein presbyterianischer Geistlicher, war siebzehn Jahre lang Pastor der Ersten Presbyterianischen Kirche in Princeton, New Jersey.
Sylvia Beach, “Shakespeare and Company”

Der Vorhanf ging auf: Regine lächelte und verneigte sich; im Lichtspiel des großen Kronleuchters flatterten rosa Flecken über die bunten Abendkleider und die dunklen Röcke der Herren hin; ...
Simone de Beauvoir, “Alle Menschen sind sterblich”

Henri blickte ein letztes Mal zum Himmel hinauf: ein schwarzer Kristall. Tausend Flugzeuge, die die Stille verwüsteten - man konnte es kaum glauben; noch in seinem Kopf schwirrten mit fröhlichem Geräusch die Worte: Stillstand der Offensive, deutsche Niederlage, ich werde abreisen können.
Simone de Beauvoir, “Die Mandarins von Paris”

"Wissen Sie, Gnädige Frau, es hat wirklich gar keinen Sinn, sentimental zu sein."
Ulrich Becher, “Murmeljagd”

Niemand lief mit einer Machete durch London. Abgesehen von den beiden Männern, die gerade an ihm vorbeigingen. Niall lehnte an der Brückenbrüstung, er hatte Fotos von der Stelle gemacht, an der einst der Fluss Effra in die Themse geflossen war, als sich einer der beiden nach ihm umdrehte.
Zoë Beck, “Schwarzblende”

Alles schien wie am Schnürchen zu laufen, die Gedanken hörten langsam auf, und es wurde Frieden.
Jurek Becker, “Aller Welt Freund”

Ich glaube, ich verlange nichts unmögliches. Scheidungen sind nun mal ihrem Wesen nach unangenehm, ...
Jurek Becker, “Amanda herzlos”

Vor einem Jahr kam mein Vater auf die denkbar schwerste Weise zu Schaden, er starb.
Jurek Becker, “Bronsteins Kinder”

Ich frage Aron, ob er nicht wenigstens einen Blick hineinwerfen möchte, ...
Jurek Becker, “Der Boxer”

Ich sage zu Montag: "Sie müssen sich einen heißen Sommertag vorstellen, August oder Juli, alles stöhnt unter der Hitze, und zwar einen Sonntag"
Jurek Becker, “Irreführung der Behörden”

Ich höre schon alle sagen, ein Baum, was ist das schon, ein Stamm, Blätter, Wurzeln, Käferchen in der Rinde und eine manierlich ausgebildete Krone, wenn’s hochkommt, na und? Ich höre sie sagen, hast du nichts Besseres, woran du denken kannst, damit sich deine Blicke verklären wie die einer hungrigen Ziege, der man ein schönes fettes Grasbüschel zeigt?
Jurek Becker, “Jakob der Lügner”

Wenige Wochen nach seinem sechsunddreißigsten Geburtstag, während einer Unterrichtsstunde, die bis dahin ohne Aufregung verlaufen war, spürte Simrock zum ersten mal im Leben sein Herz.
Jurek Becker, “Schlaflose Tage”

Jetzt ahnt sie, was um sie geschah, weiß es beim nächsten Schlag, der sie trifft.
Peter von Becker, “Die andere Zeit”

Die Sonne schien, da sie keine andere Wahl hatte, auf nichts Neues.
Samuel Beckett, “Murphy”

Ein menschlicher Körper beginnt fünf Minuten nach seinem Tod zu verwesen.
Simon Beckett, “Die Chemie des Todes”

Bei entsprechender Temperatur brennt alles. Holz. Kleidung. Menschen
Simon Beckett, “Kalte Asche”

Die Haut. Das größte Organ des Menschen ist zugleich das am wenigsten beachtete.
Simon Beckett; “Leichenblässe”

Eins. Zwei. Acht. Die Ziffern des Zerfalls. In diesem Verhältnis verwesen alle Organismen, ob groß oder klein. An der Luft, im Wasser, unter der Erde.
Simon Beckett, “Verwesung”

Der Wagen fährt auf den letzten Tropfen. Seit Stunden keine Tankstelle, und die Tankanzeige ist tief in den roten Bereich gerutscht.
Simon Beckett, “Der Hof”

Der menschliche Körper, selbst zu über sechzig Prozent aus Wasser bestehend, ist nicht von sich aus schwimmfähig. Er treibt nur so lang an der Wasseroberfläche, wie Luft in den Lungen vorhanden ist.
Simon Beckett, “Totenfang”

Die meisten Menschen glauben zu wissen, wie Verwesung riecht. Sie denken, der Geruch wäre markant, unverwechselbar, der faulige Gestank des Grabes. Sie irren sich.
Simon Beckett, “Die ewigen Toten”

Als Jonah das Blut roch, war ihm klar, dass er in Schwierigkeiten steckte.
Simon Beckett, “Die Verlorenen”

Spät nachmittags an einem kalten Februartage saßen zwei Gentlemen in einem gut ausmöblierten Speisesaal in der Stadt P. in Kentucky bei ihrem Weine. Bediente waren nicht anwesend, und die beiden Herren schienen mit dicht aneinander gerückten Stühlen etwas mit großem Interesse zu besprechen.
Harriet Elizabeth Beecher-Stowe, “Onkel Toms Hütte”

Das letzte Mal sah ich Borges Mitte April 1986 in seinem Apartment in Genf, zwei Monat vor seinem Tod. Eine Woche zuvor hatte ich ihn angerufen. Ich wollte ein Treffen vereinbaren.
Jaime Begazo, “Die Zeugen”

Ein Paradoxon, an dem er im Lauf der Zeit sogar Gefallen fand, war typisch für Ben: Immer dann, wenn lebenswichtige Entscheidungen auf dem Spiel standen, kam er, der pünktlichste und zuverlässigste Mensch unter der Sonne, zu spät - er verpasste seinen Zug.
Louis Begley, “
Der Mann, der zu spät kam”

Geboren bin ich ein paar Monate nach dem Reichstagsbrand, in T., einer Stadt mit ungefähr vierzigtausend Einwohnern in einem Teil Polens, der vor dem Ersten Weltkrieg zur K.u.K.-Monarchie gehört hatte. Mein Vater war der angesehenste Arzt in T.
Louis Begley, “Lügen in den Zeiten des Krieges”

Schmidts Frau war kaum sechs Monate tot, da eröffnete ihm sein einziges Kind Charlotte, sie werde heiraten.
Louis Begley, “Schmidt”

Ich wollte gerade zum Lunch gehen, da klingelte das Telefon. Auf dem Display wurde eine New Yorker Nummer angezeigt, die ich nicht kannte. Ich zuckte die Achseln: Was soll's. Ich gehe ran.
Louis Begley, “Hugo Gardners neues Leben”

Friedliche Stille war in Hannas Zimmer, sommerliche Trägheit, Nachmittagsstille, ein Fenster geöffnet ...
Katja Behrens, “Die dreizehnte Fee”

Es begann, als ich vierzehn war und wir im Englischunterricht David Copperfield lasen. Die Klasse beschwerte sich, das Buch sei viel zu lang.
David Belbin, “Der Hochstapler”

Bei Sonnenaufgang kam ich wieder ans Licht.
Gioconda Belli, ”Bewohnte Frau“

Als Gründer des Mnemosyne Instituts in Philadelphia habe ich in vierzehnjähriger Tätigkeit das Gedächtnis vieler Führungskräfte, Politiker und Angehörige des militärisch-industriellen Bereichs geschult, ...
Saul Bellow, “Bellarosa Connection”

Ich bin ein Amerikaner, geboren in Chikago - dieser finsteren Stadt - und gehe an Dinge im Freistil, so wie ich es mir selbst beigebracht habe, heran; und darum werde ich auch in der mir eigenen Art Bilanz ziehen und diesen Bericht schreiben.
Saul Bellow, “Die Abenteuer des Augie March”

Letztes Jahr, als er seine Lebenskrise durchmachte, zeigte mir mein Onkel Benn (B. Crader, der bekannte Botaniker) eine Karikatur von Charles Addams.
Saul Bellow, “Mehr noch sterben an gebrochenem Herzen”

Apollon Apollonowitsch Ableuchow stammte aus vornehmem Geschlecht: Adam war sein Ahn. Doch das ist nicht die Hauptsache: wichtiger ist, daß einer dieses vornehmen Geschlechtes, Shem, der Stammvater der semitischen, hessitischen und rothäutigen Rasse war.
Andrey Belyj, “Petersburg”

In diesem Jahr beschloss Thierry Blin zum ersten Mal seit langer Zeit, wieder Tennis zu spielen; er hatte kein anderes Ziel, als sich mit dem zu vergleichen, der er einst gewesen war: ein anständiger Spieler, der zwar nie einen Rang im offiziellen Klassement erreichte, aber doch mehr als nur einen Ehrgeizigen zittern ließ.
Tonino Benacquista, “Die Melancholie der Männer”

Mein Großvater, der Messerstecher, tötete zwei Deutsche, bevor er achtzehn war.
David Benioff, “Stadt der Diebe”

Bei den Ransomes war eingebrochen worden. "Wir sind überfallen worden", sagte Mrs. Ransome. "Es ist eingebrochen worden", korrigierte Mr. Ransome.
Alan Bennett, “Cosi fan tutte”

Auf Windsor gab es ein abendliches Staatsbankett, und als der französische Präsident seine Position neben der Majestät eingenommen hatte, reihte sich die königliche Familie dahinter auf, und die Prozession setzte sich langsam in Richtung Waterloo Chamber in Bewegung.
Alan Bennett, “Die souveräne Leserin”

"Heute nachmittag bin ich auf eine Schlange gestoßen", sagte Miss Shepherd.
Alan Bennett, “Die Lady im Lieferwagen”

Edwin Clayhanger stand auf der steil abfallenden roten Ziegelsteinbrücke, die das im Tal liegende Bursley über den Kanal hinweg mit seinem Vorort Hillport verband. Der Knype-Mersey-Kanal bildete dort die Westgrenze des Industriegebietes der Five Towns.
Arnold Bennett, “Clayhanger”

Die Familie Lessways, die aus Hilda und ihrer verwitweten Mutter bestand, war augenblicklich ohne Dienstmädchen.
Arnold Bennett, “Hilda”

An einem grauen Märzmorgen wurde O. V. Gulko, der Herausgeber einer liberalen Zeitung, auf der Uferstraße der Moika nahe der Polizejski-Brücke von zwei Männern angesprochen.
Ronan Bennett, “Zugzwang”

Draußen war ein Winter gewesen, der den Bildern, die wir früher vom Winter gehabt haben, nicht einmal entfernt glich. Saubere, tiefgekühlte Dezember mit Reif und kleinen Häusern, in denen gepflegte Familien vor Bratäpfeln saßen, gab es schon lange nicht mehr.
Sibylle Berg, “Der Mann schläft”

Es war verboten, den Großtyrannen anzumelden.
Werner Bergengruen, “Der Großtyrann und das Gericht”

Stille. Ein Baum fiel krachend zu Boden. Erneut warfen die Männer ihre Motorsäge an. Ein Schrei. Das Kreischen dehnte und blähte sich, die Säge grub ihre Zähne in die nächste Kiefer. Ich wagte nicht mich umzudrehen. Mein Herz zog sich zusammen.
Christian Berkel, “Der Apfelbaum”

Ich hatte es verloren. Als junges Mädchen schrieb ich jeden Tag darin. Nicht nur Träume zeichnete ich auf. Einfach alles, was mir durch den Kopf ging. Und dann, eines Tages, nach einem meiner vielen Umzüge, war es verschwunden. Weg.
Christian Berkel, “Ada”

Diese Geschichte habe ich nicht erfunden, sie ist mir eingefallen.
Ulla Berkéwicz, “Mordad”

Erst für halb zwölf Uhr mit Reger im Kunsthistorischen Museum verabredet, war ich schon um halb elf Uhr dort, um ihn, wie ich mir schon längere Zeit vorgenommen hatte, einmal von einem möglichst idealen Winkel aus ungestört beobachten zu können, schreibt Atzbacher.
Thomas Bernhard, “Alte Meister”

Nach dem Selbstmord unserer Eltern waren wir zweieinhalb Monate in dem Turm eingesperrt, ...
Thomas Bernhard, “Amras”

Nach der Unterredung mit meinem Schüler Gambetti, mit welchem ich mich am Neunundzwanzigsten auf dem Pincio getroffen habe, schreibt Murau, Franz-Josef, um die Mai-Termine für den Unterricht zu vereinbaren ...
Thomas Bernhard, “Auslöschung”

Von März bis Dezember, schreibt Rudolf, während ich, was in diesem Zusammenhang gesagt sein muß, große Mengen Prednisolon einzunehmen hatte, um meinem zum dritten Mal akut gewordenen morbus boeck entgegenzuwirken, trug ich alle nur möglichen Bücher und Schriften von und über Mendelssohn Bartholdy zusammen, ..
Thomas Bernhard, “Beton”

... Wie Konrad vor fünfeinhalb Jahren das Kalkwerk gekauft hat, sei das erste die Anschaffung eines Klaviers gewesen, das er in seinem im ersten Stock gelegenen Zimmer habe aufstellen lassen, heißt es im Laska, nicht aus Vorliebe für die Kunst, so Wieser, der Verwalter der mußnerschen Liegenschaft, sondern zur Beruhigung seiner durch jahrzehntelange Geistesarbeit überanstrengten Nerven, ...
Thomas Bernhard, “Das Kalkwerk”

Es war, das zeigte sich dem noch nicht Achtzehnjährigen schon bald nach den von mir jetzt mit dem Willen zu Wahrheit und Klarheit zu notierenden Ereignissen und Geschehnissen nichts als nur folgerichtig, daß ...
Thomas Bernhard, “Der Atem”

Wir gehen jahrelang, jahrzehntelang an einem Menschen vorbei, ohne zu wissen, wer der Mensch ist.
Thomas Bernhard, “Der Hutmacher”

Die anderen Menschen fand ich in der gegengesetzten Richtung, indem ich nicht mehr in das gehaßte Gymnasium, sondern in die mich rettende Lehre ging, ...
Thomas Bernhard, “Der Keller”

Nahe Oslo haben wir einen etwa sechzigjährigen Mann kennengelernt, der uns noch mehr über jenes Altersheim berichtete, als wir schon aus Hamsuns Aufzeichnungen über sein letztes Jahr kannten ...
Thomas Bernhard, “Der Stimmenimitator”

Auch Glenn Gold, unser Freund und der wichtigste Klaviervirtuose des Jahrhunderts, ist nur einundfünfzig geworden, dachte ich beim Eintreten in das Gasthaus.
Thomas Bernhard, “Der Untergeher”

Mit dem sogenannten Schatten auf meiner Lunge war auch wieder ein Schatten auf meine Existenz gefallen.
Thomas Bernhard, “Die Kälte”

Die Stadt ist von Zwei Menschenkategorien bevölkert, von Geschäftemachern und ihren Opfern, dem Lernenden und Studierenden nur auf die schmerzhafte, eine jede Natur störende, mit der Zeit verstörende, sehr oft nur auf die heimtückisch-tödliche Weise bewohnbar.
Thomas Bernhard, “Die Ursache”

Im Alter von acht Jahren trat ich auf dem alten Steyr-Waffenrad meines Vormunds, der zu diesem Zeitpunkt in Polen eingerückt und im Begriff war, mit der deutschen Armee in Rußland einzumarschieren, unter unserer Wohnung auf dem Traubenmarkt in Traunstein in der Menschenleere eines selbstbewußten Provinznachmittages meine erste Runde.
Thomas Bernhard, “Ein Kind”

Zwei junge Leute flüchten in einen Turm, der zur Verteidigung der Stadt diente, und besteigen ihn, ohne ein Wort zu sprechen.
Thomas Bernhard, “Ereignisse”

Eine Famulatur besteht ja nicht nur aus dem Zuschauen bei komplizierten Darmoperationen, aus Bauchfellaufschneiden, Lungenflügelzuklammern und Fußabsägen, sie besteht wirklich nicht nur aus Totenaugenzudrücken und aus Kinderherausziehen in die Welt.
Thomas Bernhard, “Frost”

Am Vormittag des zweiundzwanzigsten ermahnte mich Riemer, bei meinem für halbzwei angesetzten Gesuch Goethes einerseits leise, andererseits doch nicht zu leise mit dem Manne zu sprechen, von welchem jetzt nunmehr noch gesagt wurde, daß er der Größte der Nation und gleichzeitig auch der allergrößte unter allen Deutschen bis heute sei, denn einerseits höre er jetzt das eine geradezu erschreckend deutlich, das andere aber beinahe überhaupt nicht mehr und man wisse nicht, was er höre und was nicht ...
Thomas Bernhard, “Goethe schtirbt”

Während alle auf den Schauspieler warteten, der ihnen versprochen hatte, nach der Premiere der Wildente gegen halbzwölf zu ihrem Abendessen in die Gentzgasse zu kommen, beobachtete ich die Eheleute Auersberger genau von jenem Ohrensessel aus, in welchem ich in den frühen Fünfzigerjahren beinahe täglich gesessen war und dachte, dass es ein gravierender Fehler gewesen ist, die Einladung der Auersberger anzunehmen.
Thomas Bernhard, “Holzfällen”

Der Schweizer und seine Lebensgefährtin waren gerade bei dem Realitätenvermittler Moritz aufgetreten, als ich diesen zum erstenmal auf die Symptome meiner Gefühls- und Geisteserkrankung nicht nur anzudeuten und schließlich als eine Wissenschaft klarzumachen versuchte, ...
Thomas Bernhard, “Ja”

Nach einer anfänglich leichten, durch Verschleppung und Verschlampung aber plötzlich zu einer schweren gewordenen Lungenentzündung, die meinen ganzen Körper in Mitleidenschaft gezogen ...
Thomas Bernhard, “Korrektur”

Zur Verleihung des Grillparzerpreises der Akademie der Wissenschaften in Wien mußte ich mir einen Anzug kaufen, denn ich hatte plötzlich zwei Stunden vor dem Festakt eingesehen, daß ich zu dieser zweifellos außerordentlichen Zeremonie nicht in Hose und Pullover erscheinen könne und so hatte ich tatsächlich auf dem sogenannten Graben den Entschluß gefaßt, auf den Kohlmarkt zu gehen und mich entsprechend feierlich einzukleiden, ...
Thomas Bernhard, “Meine Preise”

Am 26. fuhr mein Vater schon um zwei Uhr früh zu einem Lehrer nach Salla, den er sterbend angetroffen und als Toten gleich wieder in Richtung Hüllberg verlassen hat, um dort ein Kind zu behandeln, ...
Thomas Bernhard, “Verstörung”

Ende September erhielt ich aus dem Verkauf der Liegenschaft Oelling, die nach dem Tode meines Vormunds zwischen mir und meinem Vetter hälftig geteilt worden war, einen größeren Geldbetrag, ...
Thomas Bernhard, “Watten”

Neunzehnhundertsiebenundsechzig legte mir auf der Baumgartnerhöhe eine der im dortigen Pavillon Hermann unermüdlich tätigen geistlichen Schwestern meine gerade erschienene Verstörung, die ich ein Jahr vorher in Brüssel in der rue de la croix 60 geschrieben habe, das Buch in die Hand zu nehmen, ...
Thomas Bernhard, “Wittgensteins Neffe”

In meinen Freizeitkleidern fühlte ich mich stets wie auf einer Maskerade.
Jochen Beyse, “Larries Welt”

Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.
Die Bibel (Genesis, 1. Kapitel)

Nun gut: keine Wiederholungen, lassen wir die alten Geschichten beiseite, ...
Horst Bienek, “Die Zelle”

Nu lass du den doch auch mal ran, murmelte der alte Mann und schlägt mit seiner Linken nach dem flatterhaften Vogel. Is nich alles für dich! Hier kriegt jeder was ab, nich nur von die Großen.
Josef Bierbichler, “Mittelreich”

Es ist dunkel und der Abendverkehr schiebt sich langsam durch die Straße vor dem Haus, die Lichter der Autos schimmern hinter dem Plastikvorhang, die gesamte Außenwelt verschwimmt hinter der Plane und dem Baugerüst.
Kristine Bilkau, “Die Glücklichen”

Ein Containerschiff schiebt sich langsam hinter den Baumkronen und dem Dach der Nachbarn vorbei. Anfangs, als sie erst wenige Tage hier wohnte, war es für sie ein unwirklicher Anblick, den Kanal und das Ufer nicht sehen zu können, selbst von hier oben, aus dem Schlafzimmer nicht, aber eine Schiffsbrücke und die geladenen Container.
Kristine Bilkau, “Nebenan”

Als Linn anderthalb Jahre alt war und laufen gelernt hatte, wollte sie jede Treppe allein hochklettern. Sie zappelte und schrie, sobald ich sie auf den Arm hob, auch an die Hand durfte ich sie nicht nehmen.
Kristine Bilkau, “Halbinsel”

An einem heißen, viel zu heißen Tag im Mai 1965 stand mein Vater noch früher auf als sonst.
Maxim Biller, “Sechs Koffer”

Es klang ganz einfach. "Audrey", sagte ich. "Audrey, wie wär's, wenn wir ein bisschen rausgehen, einen Spaziergang machen?"
Tim Binding, “Cliffhanger”

Luca Campellis Wunsch, umgeben von seinen geliebten Büchern zu sterben, ging an einem späten Oktoberabend in Erfüllung.
Mikkel Birkegaard, “Die Bibliothek der Schatten”

Er sagte' oder 'ich dachte'? Ich möchte nicht, daß der Stil mich in Bann schlägt. Das heißt, ich möchte nicht, daß der Effekt ................. Und nicht mit dem, was ich Ihnen gern gesagt hätte. Hinzu kommt, daß ....................... Was ich sagen will.
Andrej Bitow, “Menschen in Landschaft”

Die fremde Frau in der Hauptstraße von Hope sah schon fast erschreckend alltäglich aus. Eine magere, nichtssagende Gestalt in einem Herbstmantel, der für diese Jahreszeit viel zu warm und grau war.
Katarina Bivald, “Ein Buchladen zum Verlieben”

"Als du geboren wurdest, bin ich gerade gekommen." "Ich glaube dir kein Wort", sagte Rosa lachend, "daran kannst du dich unmöglich so genau erinnern."
Sergio Bizzio, “Stille Wut”

Vera leuchtete runter. Auf den Stufen lag Frieder. Ich: "Weint er?" Vera: "Er lacht."
Bov Bjerg, “Auerhaus”

Um was geht es?
Er sei ausgewandert, im Jahr 1900. Habe Frau und Kinder im Havelland gelassen und sei einfach fort. Seine Holzpantinen habe man in der Elbe gefunden.

Bov Bjerg, “Serpentinen”

Eines Tages, am frühen Vormittag des letzten siebenten Juli im zweiten Jahrtausend nach Jesu Christi Geburt, geschah in der Stadt Oslo, der Hauptstadt Norwegens, ein Mord.
Ketil Bjørnstad, “Der Tanz des Lebens”

Erst danach, zurückgekehrt auf den Hof, wagte es Erling schließlich, genauer an das zu denken, was ihn so weit gebracht hatte, daß es am Ende des Jahrhunderts an einem dunklen Winterabend in Paris zu diesem Verhängnis gekommen war.
Ketil Bjørnstad, “Erlings Fall”

Die letzten Tage bevor Oda Krohg starb, roch sie den Duft der Fliederbüsche so intensiv wie einst, obwohl es Oktober war ...
Ketil Bjørnstad, “Oda”

Erschütterndes war bereits vorgefallen. Die solidesten Ehen waren geschieden worden, Väter, die in der Zeitung standen, wenn sie einen runden Geburtstag zu feiern hatten, machten Pleite, Mütter, die über keine anderen Erfahrungen verfügten, als Kinder und Haushalt sie ermöglichten, hatten angefangen, sich in die ökonomischen, politischen und nicht zuletzt emotionalen Angelegenheiten der Männer einzumischen.
Ketil Bjørnstad, “Villa Europa”

DER WASSERFALL Der Fluß strömt aus dem See, windet sich hinunter zur Brücke, über runde Steine und glatt geschliffene Felsen, die unerschütterlich aus dem Wasser ragen, in einer merkwürdig kalten Stille.
Ketil Bjørnstad, “Vindings Spiel”

Der Wind hat stark aufgefrischt, hat jetzt Sturmstärke erreicht. Die Yacht segelt hart am Wind, der von Westen bläst.
Ketil Bjørnstad, “Der Fluß”

"Versuch dich zu erinnern." "Erinnern woran?" "Was hast Du gefühlt" "Ich war im Wasser. Die Strömung riß mich mit, und ich ruderte mit den Armen. Sie war viel stärker, als ich gedacht hatte."
Ketil Bjørnstad, “Die Frau im Tal”

Der Gedanke kam erst, lange nachdem sie eingeschlafen war. Da hatte er sich schon mindestens eine Stunde im Bett hin und her gewälzt. Seine alte Mutter mußte ins Pflegeheim, diese Entscheidung war nun endgültig, und damit war die Trennung von ihrem Mann unausweichlich.
Ketil Bjørnstad, “Die Unsterblichen”

Im Traum habe ich keine Vorausahnung dessen, was bald geschehen wird. Es ist fast ein glücklicher Traum, belanglos und ungefährlich. Ich träume von Emma, die neben mir liegt.
Ketil Bjørnstad, “Emma oder Das Ende der Welt”

Føulum, den 1ten Jenner 1708. Gott schenke uns Allen ein glückliches Neues Jahr! Und beschütze unseren guten Herrn Søren! er löschte gestern abend das Licht, und Mutter sagt, er lebt nicht bis zum nächsten Neujahr; aber das bedeutet wohl nichts.
Steen Steensen Blicher, “Bruchstücke aus dem Tagebuch eines Dorfküsters”

In Norwegen gibt es eine Fjord - einen langen, schmalen Meeresarm zwischen hohen Bergen - mit Namen Berlevaag-Fjord. Am Fuß der Berge liegt die kleine Stadt Berlevaag, die wie ein Puppenstädtchen aus dem Kinderbaukasten aussieht: lauter hölzerne Häuserchen in grau, gelb, rosa und vielen anderen Farben.
Tanja Blixen, “Babettes Fest”

Ich heiße Abramowicz. Maurice Abramowicz. Hier in der Schneiderei nennt man mich Abramauschwitz. Anfangs, weil wir das lustig fanden. Jetzt eher aus Gewohnheit.
Robert Bober, “Was gibt's Neues vom Krieg?”

Es ist vielleicht falsch, wenn ich jetzt erzähle, wie mein Großvater die Mühle weggeschwemmt hat, aber vielleicht ist es auch nicht falsch.
Johannes Bobrowski, “Levins Mühle (34 Sätze über meinen Großvater)”

Jörg Grueber drückte sich so tief wie möglich in den Windschatten der Turmzinne, ...
Manfred Böckl, “Die Hexe soll brennen”

Also, ich sag mal so: Wenn andere mit dem goldenen Löffel im Mund geboren werden, dann sind's bei meinen Ahnen Mistgabel und Sahnespritztüte.
Dieter Bohlen, “Nichts als die Wahrheit”

Sigrid hat keine Lust mehr auf Schule. Mit drei Mark Taschengeld im Monat auszukommen, das hat sie satt.
Irene Böhme, “Die Buchhändlerin”

Als mir gestern, in meinem gelben Salon, der kleine Advokat Gino mit vor lange unterdrückter Leidenschaft heiserer Stimme ins Ohr flüsterte: "Contessa, haben Sie Erbarmen mit mir, schicken Sie mich fort, befehlen Sie den Dienern, mich nicht mehr einzulassen, aber befreien Sie mich um Himmels willen von diesem quälenden Zweifel, sagen Sie mir, ob ich noch hoffen kann", und der arme Jüngling sich mir zu Füßen warf, betrachtete ich mich aufrecht und unerschüttert im Spiegel.
Camillo Boito, “Sehnsucht”

Monsieur le Président de la Republique, ich erlaube mir, Ihnen heute diesen Bericht vorzulegen, denn ich habe gute Gründe zur Annahme, daß ihnen die Affäre René Myrtil nicht dem wahren Sachverhalt gemäß dargelegt worden ist und daß ihnen gewisse Aspekte, die höchstens zwei oder drei Personen
Pierre Boileau, Thomas Narcejac, “Mensch auf Raten”

Das erste Mal las Jean-Claude Pelletier ein Buch von Benno von Archimboldi Weihnachten 1980 in Paris; wo er, neunzehn Jahre alt, an der Universität deutsche Literatur studierte. Der Titel des Buches lautete D'Arsonval.
Roberto Bolaño, “2666”

Wer erinnert sich nicht an jenen heißen Juni vor mehr als einem Vierteljahrhundert? Von Dublin bis Moskau, vom Mittelmeerraum bis in den hohen Norden Skandinaviens hinauf war nirgendwo eine Wolke am Himmel zu sehen.
Klaus Böldl, “Der nächtliche Lehrer”

Es war schon dunkel, als ich in Bonn ankam, ich zwang mich, meine Ankunft nicht mit der Automatik ablaufen zu lassen, die sich in fünfjährigen Unterwegssein herausgebildet hat: Bahnsteigtreppe runter, Bahnsteigtreppe rauf, Reisetasche abstellen, Fahrkarte aus der Manteltasche nehmen, Reistasche
Heinrich Böll, “Ansichen eines Clowns”

Als sie unten durch die dunkle Unterführung schritten, hörten sie den Zug oben auf den Bahnsteig rollen, und die sonore Stimme im Lautsprecher sagte ganz sanft: "Fronturlauberzug von Paris nach Przemysl über ..."
Heinrich Böll, “Der Zug war pünktlich”

Für den folgenden Bericht gibt es einige Neben- und drei Hauptquellen, die hier am Anfang einmal genannt, dann aber nicht mehr erwähnt werden.
Heinrich Böll, “Die verlorene Ehre der Katharina Blum”

Weibliche Trägerin der Handlung in der ersten Abteilung ist eine Frau von achtundvierzig Jahren, Deutsche; sie ist 1,71 groß, wiegt 68,8 kg (in Hauskleidung), liegt also nur etwa 300-400 Gramm unter dem Idealgewicht; sie hat zwischen Dunkelblau und Schwarz changierende Augen, leicht ergrautes, sehr dichtes blondes Haar, das lose herabhängt; glatt, helmartig umgibt es ihren Kopf.
Heinrich Böll, “Gruppenbild mit Dame”

Wenn die Mutter in der Nacht den Ventilator laufen ließ, wurde er wach, obwohl die Gummiflügel dieser Luftmühle nur ein weiches Geräusch erzeugten: fluppendes Surren und manchmal ein Stocken, wenn die Gardine zwischen die Flügel geriet.
Heinrich Böll, ”Haus ohne Hüter”

Während Millicent Bridget beobachtete, hatte sie gleichzeitig ihre ganze Umgebung im Blick.
Isabel Bolton, “Wach ich oder schlaf ich”

Eine knappe dreiviertel Stunde hatte der Bombenangriff gedauert.
Juri Bondarew, “Die Bataillone bitten um Feuer”

Kusnezow fand keinen Schlaf. Immer stärker riß und rüttelte der Sturm am Wagendach, wirbelnd peitschten die Windböen gegen die Wände; das kleine Fenster über den Pritschen, kaum wahrnehmbar in der Dunkelheit, war fast völlig schneeverklebt.
Juri Bondarew, “Die Bataillone bitten um Feuer”

Es gab nichts, was nachts anders war als am Tag. Allem fehlt nur die Farbe, sagten wir uns.
Mirko Bonné, “Nie mehr Nacht”

Ich will etwas in meinem Leben verändern. Also gehe ich, wie immer in solchen Fällen, als Erstes zum Friseur. Und zwar zu einem neuen.
Antonia Bontscheva, “Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere”

Vier vor halb, zum ersten Mal war er der letzte. Der Parkplatz war voll.
Martina Borger & Maria Elisabeth Straub, “Im Gehege”

Natürlich bin ich wieder zu spät dran, wie immer.
Martina Borger & Maria Elisabeth Straub, “Katzenzungen”

Sie haben mich in einem schwarzen Auto hierhergebracht.
Martina Borger & Maria Elisabeth Straub, “Kleine Schwester”

14. August. Immerhin haben sie nie ein Geheimnis daraus gemacht. Ich habe es immer gewusst, so lange ich denken kann, aber so richtig darüber geredet haben wir erst jetzt.
Martina Borger & Maria Elisabeth Straub, “Sommer mit Emma”

Am Morgen war alle Nässe erneut überfroren.
Nicholas Born, “Die Fälschung”

Wenn man eine Jahreszeit heiraten dürfte, nähme ich sofort den Herbst. Ab zum Standesamt, uns Liebende in das Grundbuch des Glücks eingetragen, und danach lägen wir beide brach in meinem Garten, zwischen der durchlöcherten Zinkwanne und der Haselnuss, starrten in den kaltblau schwingenden Himmel und streichelten uns gegenseitig an unseren erogenen Problemzonen, nämlich der Schwermut und der Sanftmut.
Simon Borowiak, “Schade um den schönen Sex”

Der Schlussakkord von Tschaikowskys Violinkonzert in D-Dur schwebte über die Köpfe der Menschen im Parkett, hinauf zu den Rängen, dehnte sich aus zu den Gästen auf den Balkonen und löste sich endlich in der hohen Kuppel des Konzertsaales auf.
Mechtild Borrmann, “Der Geiger”

Wie still. War es hier immer so still gewesen? Robert Lubisch stand am Fenster und sah hinaus in den Garten.
Mechtild Borrmann, “Wer das Schweigen bricht”

Matthias Lessmann stand mit der Schale Körnerfutter im Hof. Er ignorierte die Hühner, die sich gackernd um ihn versammelten, kniff die Augen zusammen und blickte zur Landstraße. Eine Frau - oder war es eher ein Mädchen? - kam die schmale Asphaltstraße entlang.
Mechtild Borrmann, “Die andere Hälfte der Hoffnung”

Erstes wässrig violettes Licht zeigte sich am Horizont, schob sich über Schuttberge, fiel in Bombenkrater und zeichnete die Konturen der Trümmerlandschaft nach.
Mechtild Borrmann, “Trümmerkind”

Von Henriette Bernhard, geborene Schöning, soll hier die Rede sein. Von ihrem Mut und Übermut, von ihrem Glück und Unglück, von ihrer Schuld und Unschuld und dem Bedürfnis, das Richtige zu tun.
Mechtild Borrmann, “Grenzgänger”

Das Beau-Rivage hat 94 Zimmer und 15 Suiten. Durch die Fenster sieht man hinaus auf den Genfer See, in dem sich die große Welt spiegelt, die eben doch nur eine kleine Stadt am unteren Zipfel der Schweiz ist.
Nora Bossong, “Schutzzone”

Lange hatte ich keine Vorstellung vom Tod. Die Geschichten, die meine Eltern mir als Kind erzählten von Wolken und Engeln und Flammen und Teufeln, blieben mir so fern, dass ich nicht einmal Angst davor hatte.
Nora Bossong, “Reichskanzlerplatz”

“Ich hab was für dich!”, ruft Sören aufgeregt, wirft auf dem Weg durch die Klasse mindestens drei Stühle um und hält mir schließlich eine Papiertüte unter die Nase, aus der verführerisch süßer Duft strömt.
Sabine Both, “Herzklopfen auf Rezept”

Sie verbrachten die Nacht auf Freitag im Haus in Prenzlin, fuhren am späten Vormittag weiter, gegen den Widerstand der Kinder, die das Haus liebten und Dänemark blöd fanden.
Oliver Bottini, “Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens”

"Fünf Uhr ... Er wird bald heimkommen", denkt Elisa. Und kaum hat sie das gedacht, ist sie zu nichts mehr fähig.
Madeleine Bourdouxhe, “Gilles' Frau”

Wenn ich aufwache, steht mir der Mund offen. Meine Zähne sind belegt: es wäre besser, sie am Abend zu putzen, aber das bringe ich nie über mich.
Emmanuel Bove, “Meine Freunde”

Christina Goerings Vater war ein amerikanischer Industrieller deutscher Abstammung und ihre Mutter eine Dame aus vornehmster New Yorker Familie.
Jane Bowles, “Zwei ernsthafte Damen”

Er erwachte und öffnete die Augen. Der Raum sagte ihm wenig; er war zu tief in das Nicht-Sein verstrickt, aus dem er eben auftauchte.
Paul Bowles, “Himmel über der Wüste”

Irgendwann in unserer Zeit - auf das genaue Datum kommt es nicht an; jedenfalls war es noch sehr früh im Jahr - begab sich ein junger Mann knapp über Dreißig, um die Eins fünfundachtzig groß, mit pechschwarzem Haar und ernsten, feinen, aber bleichen Zügen, zu einem Geschäftstermin und fand einen Erhängten.
William Boyd, “Armadillo”

Im nachhinein versuchte er, sich die Sache in abstrakten Begriffen zu erklären, als Unfall in einer unfallträchtigen Welt, als Kollision gegenläufiger Kräfte - seiner Stoßstange und der schmächtigen, geduckten, plötzlich hervorstürzenden Gestalt eines dunkelhäutigen Kerlchens mit gehetztem Blick -, aber allzu
T. Coraghessan Boyle, “América”

Im Schwimmen drehte er sich vom Rücken auf den Bauch, schlug mit Armen und Beinen um sich, atmete prustend und schwer und hatte das Gefühl, schon ewig zu schwimmen.
T. Coraghessan Boyle, “Der Samurai von Savannah”

Ich kannte mich damals mit Automobilen kaum aus - was übrigens bis heute nicht anders ist -, doch es war ein Automobil, mit dem ich im Herbst 1932 nach Taliesin gelangte, durch eine Landschaft, die mal mit Bäumen befestigt, mal wie ein Teppich bis zur Rückseite der Scheunen, Heuschober und Farmhäuser ausgerollt war, durch Ortschaften mit Namen wie Black Earth, Mazomanie oder Coon Rock, wo kein Mensch je einen Japaner zu Gesicht bekommen hatte.
T. Coraghessan Boyle, “Die Frauen”

Wenn ich heute zurückdenke, würde ich nicht sagen, daß ich jemals wirklich "verklemmt" war (um eines von Proks Lieblingswörtern zu gebrauchen), aber ich gebe zu, daß ich, als ich ihn kennenlernte, ziemlich naiv war, ganz zu schweigen, von hoffnungslos langweilig und konventionell.
T. Coraghessan Boyle, “Dr. Sex”

Der Morgen war ein Fisch im Kescher, glitzernd und zappelnd am pechschwarzen Rand ihres Bewußtseins, aber sie hatte noch nie einen Fisch mit einem Kescher gefangen, ebensowenig wie mit der Angel, so daß sie nicht recht sagen konnte, ob oder wie oder warum.
T. Coraghessan Boyle, “Drop City”

Ich verfüttere gerade Kraftkekse und Hühnerrücken an die Hyäne und tue mein Bestes, um nach dem letzten Unwetter einigermaßen aufzuräumen, als das Telefon klingelt.
T. Coraghessan Boyle, “Ein Freund der Erde”

Ich hab immer alles hingeschmissen. Ich bin bei den Pfadfindern wieder raus, genau wie aus dem Kinderchor und dem Schulorchester.
T. Coraghessan Boyle, “Grün ist die Hoffnung”

Zwanzig Jahre lang, zwanzig öde, einförmige Jahre lang, die mit dem verschlafenen, beständigen Murmeln eines im Rinnstein dahinplätschernden Wasserlaufs an ihm vorbeirannen, bekam Stanley McCormick keine Frau zu Gesicht.
T. Coraghessan Boyle, “Riven Rock”

Sie war spät dran, sie war immer spät dran, es war einer ihrer Fehler, das wußte sie, aber dann konnte sie ihre Handtasche nicht finden, und als sie sie endlich gefunden hatte (am Garderobenständer im Flur, unter der dunkelblauen Kordjacke), mußte sie die Schlüssel suchen.
T. Coraghessan Boyle, “Talk Talk”

Während die meisten jungen Schotten seines Alters Röcke lüpften, Furchen pflügten und die Saat aussäten, stellte Mungo Park dem Emir von Ludamar, Al-Hadsch' Ali Ibn Fatoudi, seine bloßen Hinterbacken zur Schau. Man schrieb das Jahr 1795.
T. Coraghessan Boyle, “Wassermusik”

Dr. John Harvey Kellog, Erfinder von Corn-flakes und Erdnußbutter, ganz zu schweigen von Malzkaffee, Bromose, Nuttolene und ungefähr weiteren fünfundsiebzig gastrisch einwandfreien Nahrungsmitteln, hielt inne, um den Blick auf die schwergewichtige Frau in der ersten Reihe zu richten.
T. Coraghessan Boyle, “Willkommen in Wellville”

Im ersten heftigen Herbstregen, als die Blätter wie Münzen zu Füßen der Bäume lagen und die Zweige schwarz vor einem tiefhängenden Himmel glänzten, kehrten einige Männer aus dem Dorf Lacaune in der Languedoc frierend und nass und ohne Beute von der Jagd zurück, als sie vor sich im trüben Licht eine menschliche Gestalt erblickten.
T. Coraghessan Boyle, “Das wilde Kind”

An dem Tag, als Walter Van Brunt seinen rechten Fuß verlor, hatten ihn sporadisch Spukgestalten der Vergangenheit heimgesucht.
T. Coraghessan Boyle, “World's End”

Da war sie nun, in der beengten Kombüse, wo man kaum stehen konnte, ohne sich den Kopf anzuschlagen, die rechte Hand rot und schmerzend, weil sie sich mit dem Kaffee verbrüht hatte, den sie pflichtbewusst - und törichterweise - hatte kochen wollen, damit sie alle etwas Warmes im Bauch hätten, tapfer, immer tapfer, und dabei war sie vor nicht mal einer halben Stunde kotzend in ihrer Koje aufgewacht.
T. Coraghessan Boyle, “Wenn das Schlachten vorbei ist”

Sie hustete, immer hustete sie, und manchmal hustete sie Blut.
T. Coraghessan Boyle, “San Miguel”

Die Sonne stand senkrecht, sie war einfach da, direkt über ihnen, glühend heiß, und ließ ihn schwitzen, so dass die Unterhose scheuerte und das Hemd am Rücken klebte, als wäre es mit der Haut verleimt, und warum er sich von Carolee zu dieser Sache hatte überreden lassen, würde ihm für immer ein Rätsel bleiben.
T. Coraghessan Boyle, “Hart auf hart”

Man hatte uns von Haustieren abgeraten, desgleichen von Ehemännern oder festen Freunden, und dasselbe galt natürlich für die Männer, von denen, soviel man wusste, keiner verheiratet war.
T. Coraghessan Boyle, “Die Terranauten”

War es ein Gift? War es verboten? Ein unverantwortliches Risiko? Sie wusste es nicht, doch sie war den ganzen Tag nervös und angespannt, obwohl sie sich sagte, das sei töricht: Wenn irgendjemand in diesem ganzen Gebäude wusste, was er tat, dann ihr Chef.
T. Coraghessan Boyle, “Das Licht”

Sie lernte nicht. Sie wollte lernen, sie hatte es vor, sie würde jeden Moment damit anfangen.
T. Coraghessan Boyle, “Sprich mit mir”

Sie waren wie Schmuck, wie ein lebendiger Schmuck, und sie stellte sich vor, wie sie sich eine um die Schultern legen und vor Bobo oder dem Cornerstone an einem Tisch auf dem Bürgersteig sitzen würde, und Leute würden vorbeigehen und so tun, als würden sie sie nicht bemerken. Es wäre ein Statement, so viel war sicher.
T. Coraghessan Boyle, “Blue Skies”

Meine Mutter und mein Vater führten keine glückliche Ehe. Seit ich ihre Gesellschaft zum letzten Mal ertragen musste, sind Jahre verstrichen, Jahrzehnte, doch es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht an sie denke, allerdings nie länger als ein oder zwei Augenblicke.
John Boyne, “Das Haus zur besonderen Verwendung”

Eines Nachmittags kam Bruno von der Schule nach Hause und staunte nicht schlecht, als Maria, das Dienstmädchen der Familie, das den Kopf immer gesenkt hielt und nie vom Teppich aufblickte, in seinem Zimmer stand und seine Sachen aus dem Schrank in vier große Holzkisten packte, auch die ganz hinten versteckten, die nur ihm gehörten und keinen etwas angingen.
John Boyne, “Der Junge im gestreiften Pyjama”

"Schwarz ist so trübselig", sagte Sylvia.
Rose Boyt, “Geschlechterverkehr”

Es war eine Lust, Feuer zu legen. Es war eine eigene Lust zu sehen, wie etwas verzehrt wurde, wie es schwarz und zu etwas anderem wurde.
Ray Bradbury, “Fahrenheit 451”

Es war eine Lust, Feuer zu legen. Es war eine eigene Lust zu sehen, wie etwas verzehrt wurde, wie es schwarz und zu etwas anderem wurde.
Scott
Bradfield, “Die Geschichte der leuchtenden Bewegung”

Zu meiner Zeit hat man mir viele Namen gegeben: Schwester, Geliebte, Priesterin, weise Frau und Königin.
Marion Zimmer Bradley, ”Die Nebel von Avalon“

Obschon ich die Vorreden sonst hasse, muß ich doch ein Wörtchen zum voraus sagen, ehe ich diese Blätter, weiß noch selbst nicht mit was vor Zeug überschmiere. Was mich dazu bewogen? Eitelkeit? - Freilich! - Einmal ist die Schreibsucht da. Ich möchte aus meinen Papieren, von denen ich viele mit Ekel ansehe, einen Auszug machen.
Ulrich Bräker, “Der arme Mann im Tockenburg”

Der Sommer war heiß und trocken, der heißeste und trockenste Sommer seit 1947.
Jan Brandt, “Gegen die Welt”

José vertilgt Ratten in einem Flohkino.
Ignacio Brandao de Loyola, “Null”

Beginnen wir wieder an der Pforte. Ich bin von Haus aus von der Pforte ausgegangen.
Alois Brandstetter, “Die Abtei”

Wunderlich war der unglücklichste Mensch, den er kannte. Er kannte zwar nicht viele Menschen, doch was spielt das für eine Rolle, wenn das Unglück größer ist als man selbst.
Marion Brasch, “Wunderlich fährt nach Norden”

In einer europäischen Hauptstadt öffnete Sophie die Tür des Hotelzimmers mit der Nummer 64.
Marcus Braun, “Dehli”

Edek Zepler hatte früher immer polnische Mädchen gebumst. Die meisten von ihnen waren Dienstmädchen, und er hatte sie im Stehen in den Fluren der Häuser gebumst, in denen sie arbeiteten.
Lily Brett, ”Einfach so”

Draußen ist es dunkel. Sanfter Regen rauscht auf das schräge Dachfenster herunter. Ich kann ihn sehen, und ich kann die nassen Spuren auf der staubigen Oberfläche erkennen.
Breyten Breytenbach, “
Wahre Bekenntnisse eines Albino-Terroristen”

Lange hat es gedauert, bis ich angefangen habe, die Geschichte meiner Großmutter aufzuschreiben, ...
Melitta Breznik, “Das Umstellformat”

Man hörte nichts mehr. Sämtliche Geräusche waren verstummt.
Rolf Dieter Brinkmann, “Keiner weiß mehr”

Der 2. März 1903 war ein schlechter Tag für den 30jährigen Handlungsgehilfen August Esch; ...
Hermann Broch, “Esch oder die Anarchie”

Huguenau, dessen Vorfahren wohl Hagenau geheißen haben mochten, ehe das elsässische Land 1692 von den Truppen Condés besetzt worden war, hatte durchaus den Habitus eines bürgerlichen Alemannen.
Hermann Broch, “Huguenau oder die Sachlichkeit”

Im Jahre 1888 war Herr v. Pasenow siebzig Jahre alt, und es gab Menschen, die ein merkwürdiges und unerklärliches Gefühl der Abneigung verspürten, wenn sie ihn über die Straßen Berlins daherkommen sahen, ...
Hermann Broch, “Pasenow oder die Romantik”

Stahlblau und leicht, bewegt von einem leisen, kaum merklichen Gegenwind, waren die Wellen des adriatischen Meeres dem kaiserlichen Geschwader entgegengeströmt, als dieses, die mählich anrückenden Flachhügel der kalabrischen Küste zur Linken, dem Hafen Brundisium zusteuerte, und jetzt, da die sonnige, dennoch so todesahnende Einsamkeit der See sich ins friedvolle Freudige menschlicher Tätigkeit wandelte, da die Fluten, sanft überglänzt von der Nähe menschlichen Seins und Hausens, sich mit vielerlei Schiffen bevölkerten, mit solchen, die gleicherweise dem Hafen zustrebten, mit solchen, die aus ihm ausgelaufen waren, jetzt, da die braunsegeligen Fischerboote bereits überall die kleinen Schutzmolen all der vielen Dörfer und Ansiedlungen längs der weißbespülten Ufer verließen, um zum abendlichen Fang auszuziehen, da war das Wasser beinahe spiegelglatt geworden; perlmuttern war darüber die Muschel des Himmels geöffnet, es wurde Abend, und man roch das Holzfeuer der Herdstätten, so oft die Töne des Lebens, ein Hämmern oder ein Ruf von dort hergeweht und herangetragen wurden.
Hermann Broch, “Der Tod des Vergil”

Ich will mich für die Erzählung, die ich Ihnen anbiete, entschuldigen.
Harold Brodkey, “Profane Freundschaft”

Orra Perkins war Studentin im letzten Semester.
Harold Brodkey, “Unschuld”

Manchmal, wenn ich aufwache, bin ich elf Jahre alt; und die Unterseite des Bettrostes, die Reihen von durchhängenden Spiralen über meinem Gesicht quietschen, klappern gegen den hölzernen Bettrahmen ...
Harold Brodkey, “Spiel”

So manchen Mond ist es her, daß der Dollar 870 Lire wert und ich 32 Jahre alt war. Die Erde war damals um zwei Milliarden Seelen leichter, und die Bar in jenem Bahnhof, wo ich in einer kalten Dezembernacht ankam, war leer.
Joseph Brodsky, “Ufer der Verlohrenen”

In ihrem Land lag Schnee, als sie losfuhren. In den Güterwaggons und LKWs mußten sie eng zusammenkriechen, um nicht zu erfrieren.
Jan Brokken, “Die blinden Passagiere”

Als ich ihn zum ersten Mal sah, stand er in einem weißen Totenhemd vor dem Exekutionskommando. Er: ein Mann von annähernd dreißig Jahren, der sich auf den Tod vorbereitete und das silberne Kreuz küsste, das ihm der Priester hinhielt. Ich: ein neugieriger Jüngling, der sich aus sicherer Entfernung ansah, was Unrecht war.
Jan Brokken, “Sibirischer Sommer mit Dostojewski”

Draußen fiel der Schnee in dichten nassen Flocken; die Geräusche von Park Avenue drangen nur gedämpft und wie aus weiter Ferne durch die zugezogenen Vorhänge.
Louis Bromfield, ”Mrs. Parkington” (“Nach einem langen Tag”)

Es war ein sengendheißer Nachmittag Mitte August in Brinoe, und alle, die etwas galten, hatten längst die brennenden Straßen und kühlen Paläste verlassen, um sich in die Berge oder ans Meer zu begeben.
Louis Bromfield, ”Der Fall Annie Spragg”

Kaum hatte Tom die Ecke der Rue Dauphiné hinter sich, so verebbte der Lärm des Straßentumults; schließlich war nichts mehr da als dunkles Schweigen, selten unterbrochen von einem fernverhallenden Pistolenschuß oder dem Gekreische einer Straßendirne.
Louis Bromfield, ”Traum in Louisiana”

Sie fand den Brief, als sie von der monatlichen Versammlung der Augusta-Simpson-Sektion der Christlichen Temperenzlerinnen wieder in das schieferfarbene Haus zurückkam.
Louis Bromfield, ”Welch eine Frau ...”

Endlich war man mit dem Essen fertig, und der alte Hector Champion saß wie Lucullus, weiß und aufgedunsen, ein hohes, geschliffenes Burgunderglas in den Fingern, ganz in den Anblick der geschmückten Tafel versunken.
Louis Bromfield, ”Vierundzwanzig Stunden”

Wenn ihr euch einen kleinen Park vorstellen könnt, der bunt aufstrahlt im Glanz der Frühsommerblumen und bevölkert ist mit Damen und Herren in der Kleidung der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, und diesen Park hineinsetzt in ein Inferno von Feuer, Stahl und Qualm, dann brauche ich euch Cypress Hill – Zypressenhügel – am Nachmittag des Gartenfestes, das für den Gouverneur gegeben wurde, nicht zu beschreiben.
Louis Bromfield, ”Das Leben der Lily Shane”

Eigentlich war Tom Dantry durch reinen Zufall nach Nivandrum gekommen. Als er sich in Pinang an Bord der „Vivandière“ einschiffte, wußte er nicht einmal, wohin es ging.
Louis Bromfield, ”Bitterer Lotus”

Als sie älter wurde, fand Mrs. McLeod, daß sie immer weniger Schlaf brache, und sie gewöhnte sich daran, schon bald nach Sonnenaufgang aufzustehen, um an ihrem Buch zu arbeiten.
Louis Bromfield, ”Jedem das Seine”

Bill Wainwrights Gepäck stand für den Träger bereit, seine Kabine war in Ordnung gebracht, und jetzt wartete er auf dem Oberdeck, gerade unter der Brücke, und sah zu, wie die Fliegenden Fische aus jeder blaugrünen Uferwelle hervorschossen gleich silbernen Bleistiften und flimmernd wieder in das lichte Schäumen zurückfielen.
Louis Bromfield, ”Nacht in Bombay”

Ich glaube, daß es diesmal gehen wird. Schon dreimal habe ich es versucht; aber immer kam etwas dazwischen gleich einem Nebel oder einer Mauer oder etwas Ähnlichem; vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem, jedenfalls ging es nicht.
Louis Bromfield, ”Mr. Smith”

Ganz plötzlich, mitten im Trubel des Festes, sah er das Haus wieder vor sich, grau und alt, überwuchert da und dort von der Patina goldener Flechten, mit dem altertümlichen Dach, zwischen dessen Ziegeln dünne Büschel von Mönchswurz blühten, leuchtend gelb im Juni, und jetzt, im Oktober, wunderbar in Silber umgefärbt.
Louis Bromfield, ”Der Mann der alles hatte”

Gleich einer stumpfschwänzigen, langsam schleichenden Schlange bewegte sich der Zug über das weite Meer aus sprießendem Grase.
Louis Bromfield, ”Colorado”

Dies war Ransome die liebste Stunde des Tages. Brandytrinkend saß er um Sonnenuntergang auf seiner Veranda.
Louis Bromfield, “Der große Regen”

Als er in der warmen Frühlingsnacht aus dem Fenster stieg, rutschte er aus, und mit lautem Krach fielen die schweren Stiefel, die er in der Hand hielt, auf das Wellblechdach des unter ihm liegenden Schuppens.
Louis Bromfield, “Ein Held unserer Zeit”

Manchmal denke ich, ich bin die einzige in unserem Viertel, die noch vernünftige Träume hat. Ich habe zwei, und für keinen brauche ich mich zu schämen. Ich will Vadim töten. Und ich will ein Buch über meine Mutter schreiben.
Alina Bronsky, “Scherbenpark”

Als meine Tochter Sulfia mir sagte, sie sei schwanger, wisse aber nicht, von wem, habe ich verstärkt auf meine Haltung geachtet. Ich hielt meinen Rücken sehr gerade und die Hände würdevoll im Schoß gefaltet.
Alina Bronsky, “Die schärfsten Gericht der tartarischen Küche”

Als Herr Schmidt Freitagfrüh aufwachte und den Kaffeeduft vermisste, dachte er zuerst, dass Barbara im Schlaf gestorben sein könnte.
Alina Bronsky, “Barbara stirbt nicht”

Ich bin eben von einem Besuch bei meinem Gutsherren zurückgekehrt - diesem einsamen Nachbarn, der mir noch manche Sorge bereiten wird. Welch herrliche Gegend! In ganz England hätte ich keine andere Stelle gefunden, die so vollkommen abgeschlossen von allem weltlichen Lärm liegt. Ein Paradies für Menschenfeinde - und Mr. Heathcliff und ich sind das richtige Paar, um diese Einsamkeit miteinander zu teilen.
Emily
Brontë, “Sturmhöhe”

Es war unmöglich, spazieren zu gehen an diesem Tag. Wir waren zwar am Morgen eine Stunde in den entlaubten Gebüschen umhergestreift; aber seit dem Mittagessen hatte der kalte Winterwind dunkle Wolken und durchdringenden Regen mit sich gebracht.
Charlotte Brontë, “Jane Eyre”

Alle wahren Geschichten enthalten Belehrung; Doch mag in mancher der Schatz schwer zu finden sein und sich, wenn gefunden, als so klein erweisen, daß der trockene, zusammengeschrumpfte Kern kaum die Mühe des Nußknackens lohnt.
Anne Brontë, “Agnes Grey”

Ich lebte während des Jahres 1793 in Philadelphia. Viele Beweggründe trugen dazu bei, mich zurückzuhalten, die Stadt zu verlassen, obgleich die Entfernung leicht und bequem war und meine Freunde sämtlich in mich drangen. Es ist nicht meine Absicht, diese Beweggründe aufzuzählen noch mich bei meinen gegenwärtigen Verhältnissen zu verweilen, sondern lediglich einige Ereignisse zu erzählen, mit denen ich bekannt wurde.
Charles Brockden Brown, “Arthur Mervyn oder die Pest in Philadelphia”

In der Grande Galerie stürzte Jacques Saunière, der Museumsdirektor, zu einem der kostbaren alten Meister, einem Caravaggio, klammerte sich an den schweren Goldrahmen und hängte sich mit seinem ganzen Gewicht daran, bis das Gemälde sich von seiner Aufhängung löste.
Dan Brown, “Sakrileg”

Mary Minor Haristeen, von ihren Freunden Harry genannt, marschierte neben den Bahngleisen her, dicht gefolgt von Mrs. Murphy, ihrer klugen, eigenwilligen Tigerkatze, und Tee Tucker, ihrem Welsh Corgi.
Rita Mae Brown, ”Schade, daß du nicht tot bist.”

Ich darf von mir behaupten, durch ein ganzes Panzerregiment Geburtshilfe genossen zu haben, ...
Thomas Brussig, “Helden wie wir”

Es gibt im Leben zahllose Gelegenheiten, die eigene Adresse preiszugeben, und Michael Kuppisch, der in Berlin in der Sonnenallee wohnte, erlebte immer wieder, daß die Sonnenallee friedfertige, ja sogar sentimentale Regungen auszulösen vermochte.
Thomas Brussig, “Am kürzeren Ende der Sonnenallee”

Bevor Viktor selbst den Lesern vorgestellt wird, hören sie über ihn reden.
Günter de Bruyn, ”Neue Herrlichkeit”

Mit achtzig gedenke ich, Bilanz über mein Leben zu ziehen; die Zwischenbilanz, die ich mit sechzig beginne soll eine Vorübung sein: ein Training im Ich-Sagen, im Auskunftgeben ohne Verhüllung durch Fiktion.
Günter de Bruyn, ”Zwischenbilanz”

Für mich ist es sehr früh, ich bin erst bei Tageslicht ins Bett gegangen, durch den Türspion kann ich nicht erkennen, wer der Typ ist.
Chico
Buarque, “Der Gejagte”

Von der Offiziersunterkunft im Hotel "Majestic" zur "Bar Royal" führt die Straße dicht am Strand entlang, eine einzige langgestreckte Kurve von fünf Kilometer Länge.
Lothar-Günter Buchheim, “Das Boot”

Der Himmel hängt tief, er sieht aus, als müsse er sich sofort hinlegen. Von der Elbe steigt Nebel auf, zäh und gemein, wie eine alte Krähe.
Simone Buchholz, “Revolverherz”

Die Luft in meinem verdammten Büro ist so dick, man könnte sich ein Schiffstau daraus stricken.
Simone Buchholz, “Knastpralinen”

Das ist kein Anfängerhusten. Alle paar Minuten kommt ein hässlicher alter Hofhund aus meinen Lungen gekrochen, und der rasselt beim Bellen ziemlich übel mit der Kette.
Simone Buchholz, “Schwedenbitter”

Zwei Männer, in rotes Licht getaucht. Sie sitzen sich gegenüber. An einem quadratischen Tisch, in einem rechteckigen Restaurant unweit der Reeperbahn auf Sankt Pauli.
Simone Buchholz, “Eisnattern”

Hamburg-Altona, Samstagabend, kurz nach 19 Uhr. Eine Drei-Zimmer-Altbauwohnung, die dringend mal saniert werden müsste, aber dafür fehlen das Geld und die Zeit.
Simone Buchholz, “Bullenpeitsche”

Der Motor hustet ein letztes Mal, räuspert sich wie ein alter Mann unter einem dunklen Himmel, dann säuft er ab. Ich steige aus, setze mich auf die rostgoldene Motorhaube und halte mein Gesicht in die schwere, kalte Luft.
Simone Buchholz, “Blaue Nacht”

Der Regen stellt Wände in die Nacht. Wie Spiegel fallen sie vom Himmel, reflektieren und verzerren das Blaulicht des Streifenwagens.
Simone Buchholz, “Beton Rouge”

Erinnerst du dich noch an den Tunnel? Das ewig lange Loch aus Stein?
Simone Buchholz, “Mexikoring”

Wir fahren durch die Stadt, an jeder Ecke tun sich schwarze Löcher auf, sie ziehen am Blech des Krankenwagens, Stepanovic kniet neben der verschissenen Pritsche, auf der ich liege, er hält mich, er hält meine Hand, und er singt mir was vor, ich mag die Melodie, aber den Text finde ich zum Kotzen.
Simone Buchholz, “Hotel Cartagena”

Die Glaskugel schimmert in allen Blautönen von Lila bis Türkis, die Farben zappeln und schwimmen und gehen ineinander über, es ist ein hübsch arrangiertes Dekorations-LSD und es gibt keinen Zweifel, dass der ganze Zinnober nur passiert, weil die Kugel ein Kabel hat und das Kabel einen Stecker, und weil der Stecker in einer verdammten Steckdose steckt, aber die Hexe behauptet trotzdem Dinge.
Simone Buchholz, “River Clyde”

Also, ich bin viel spazieren gegangen. Wochen, Monate, fast ein ganzes Jahr lang. Zuvor hatte ich tagelang einfach nur die Luft angehalten, so wie ich es immer mache, wenn mir alles zuviel wird.
Simone Buchholz, “Unsterblich sind nur die anderen”

Es war ihr vierzigster Geburtstag. Madame Wu saß vor dem schrägen Spiegel ihres Toilettentisches und besah ihr ruhiges Gesicht.
Pearl S. Buck, “Die Frauen des Hauses Wu”

Der junge Mann steht in der zweiten Reihe. Vielleicht eine Minute Leben bleibt ihm noch.
Rainer Buck, “Fjodor M. Dostojewski - Sträfling, Spieler, Seelenforscher

Sie aßen sehr wenig oder gar nichts. Die Speisen, obgleich üppiger als gewöhnlich, da vom Eifer eines gutwilligen Gefängniswärters zubereitet, schmeckten feindselig, und kein Bissen war dabei, der nicht im Hals zu Asche geworden wäre.
Gesualdo Bufalino, “Die Lügen der Nacht”

Die Straße trägt Lenz ohne Widerstand. Der Wind weht ihn am Kreml vorbei hinein in das Gassengewirr von Kitaigorod.
Marc Buhl, “Der rote Domino”

An einem heißen Frühlingsabend erschienen bei Sonnenuntergang auf dem Patriarchenteichboulevard zwei Männer. Der eine, annähernd vierzig Jahre alt, trug einen mausgrauen Sommeranzug, war von kleinem Wuchs, wohlgenährt, dunkelhaarig und hatte eine Stirnglatze; seinen gediegenen Hut, der wie ein Brötchen aussah, hielt er in der Hand, und das glattrasierte Gesicht war mit einer überdimensionalen schwarzen Hornbrille geschmückt.
Michail Bulgakow, “Der Meister und Margarita”

Groß war es und fürchterlich, das eintausendneunhundertundachtzehnte Jahr nach Christi Geburt, das zweite aber nach Beginn der Revolution.
Michail Bulgakow, “Die weiße Garde”

“He, Diomed, schön, daß ich dich treffe - kommst du heute zu Glaucus zum Abendessen?" rief ein junger Mann. Er war von kleiner Gestalt und trug seine Tunika in lockeren Falten, die zeigten, daß er vornehm und elegant war.
Edward George Bulwer, “Die letzten Tage von Pompeij”

Auf dieser carte illustrée  mit der so traurigen und majestätischen Ansicht einer Mondnacht an den Gestaden des Atlantischen Ozeans beeile ich mich, Ihnen meinen heißen Dank für ihr letztes Buch zu sagen.
Iwan Bunin, “Ein unbekannter Freund”

Nein: ich hatte in dieser zweiten Maiwoche nach dem verhagelten Muttertag, da die Eisheiligen Pancratius, Servatius, Bonifatius und insbesondere die Kalte Sophie ihr glaziales Symposium abhielten, noch nicht, wie vorgesehen, nach Göschenen einrücken können, ...
Hermann Burger, “Die Künstliche Mutter”

“Was soll es denn geben, mh?" Wir saßen im Korowa, Alex, das bin ich, und meine drei Droogs Pete, Georgie und Doofie, ...
Anthony Burgess, “Die Uhrwerk-Orange”

Im Frühjahr 1958 zog meine Familie aus einem rattenverseuchten Mietshaus in der King Street in eines der letzten Fertighäuser in Cowdenbeath, das genau auf der Grenze zwischen dem vermüllten Wald an der Stenhouse Street auf der einen und dem kargen Ackerland auf der anderen Seite stand.
John Burnside, “Über Liebe und Magie - I put a Spell on you”

Ich spüre, wie die Bullen das Haus umzingeln, fühle, wie sie sich dort draußen aufstellen und ihre teuflischen Spitzel-Marionetten verteilen.
William S. Burroughs, “Naked Lunch”

Ach, was muß man oft von bösen
Kindern hören oder lesen!!
Wie zum Beispiel hier von diesen,
Welche Max und Moritz hießen;
Wilhelm Busch, “Max und Moritz”

Hier sieht man Fritz, den muntern Knaben,
Nebst Huckebein, dem jungen Raben.
Wilhelm Busch, “Hans Huckebein”

Kein Ding sieht so aus, wie es ist.
Wilhelm Busch, “Narrheiten und Wahrheiten”

Eines Nachts, als der Sommer am tiefsten war, zog ich die Tür hinter mir zu und ging los, so geradeaus wie möglich nach Osten
Wolfgang Büscher, “Berlin-Moskau, eine Reise zu Fuß”

Vierundvierzig Jahre oder ein Tag sind vergangen, seit ich - ein unerfahrener junger Mensch - den Bummelzug bestieg, der mich über Würzburg, Nürnberg und Bayreuth in die oberfränkische Kleinstadt Wunsiedel bringen sollte, damals eine etwa achtstündige Reise ins Unbekannte.
Michael Buselmeier, “Wunsiedel”

Dhespina war gerade dabei, im Gartenhaus die Salbe gegen die Hämorrhoiden des alten Televantos anzurühren, als der Greis angerannt kam, mit einer Hand seinen Stock umklammernd, mit der anderen seinen Hosenboden
Andrea Busfield, “Schattenträumer”

"Die Nägel graben sich in den Verdauungstrakt des Tieres, sodass wir es an die Oberfläche ziehen können, ohne dass es bei seinen Fluchtversuchen zerreißt. ..."
Carlos Busqued, “Unter dieser furchterregenden Sonne”

Als Aaron an einem Sonntagnachmittag des Jahres 1996 von Joni Sigerius zum umgebauten Bauernhof ihrer Eltern mitgenommen wurde, um dort offiziell vorgestellt zu werden, gab ihr Vater ihm schmerzhaft fest die Hand. "Du hast das Foto gemacht", sagte er. Oder war es eine Frage?
Peter Buwalda, “Bonita Avenue”

Das Buch war dick, schwarz und völlig verstaubt. Sein Einband war verbogen und knarrte; es hatte einiges durchgemacht. Der Buchrücken fehlte, das heißt, er ragte wie ein unförmiges Lesezeichen zwischen den Seiten hervor.
Antonia S. Byatt, “Besessen”

“Mr. Adamson, Sie müssen tanzen", sagt Lady Alabaster von ihrem Sofa aus.
Antonia S. Byatt, “Morpho Eugenia”

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